Wer schürt hier Angst?

In einem offenen Brief hat der stellvertretende Chefredakteur der Westfälischen Rundschau, Frank Fligge, dem DJV vorgeworfen, die Angst unter den Beschäftigten der WAZ-Mediengruppe zu schüren. Fligge, der in diesem Brief den Wechsel seiner Mitgliedschaft von DJV zu dju in ver.di mitteilte, nimmt den Bericht „Redaktionsschluss im Sauerland“ in der April-Ausgabe des journalist (Herausgeber DJV-Bundesverband) zum endgültigen Anlass für Schritt. Er schreibt u.a.:

“ […]Richtig ist, dass viele Beschäftigte der WAZ-Mediengruppe Angst haben – weil der DJV Angst mit solchen, ganz und gar unjournalistischen und tendenziell polemischen Berichten seit vielen Monaten immer wieder schürt. Was glauben Sie wohl, was ein solcher Artikel in der WR-Belegschaft anrichtet, die nach der schwierigsten Phase in der Geschichte dieser Zeitung allmählich wieder Vertrauen fasst und Sicherheit zurückgewinnt?! Vielleicht sollten Sie als Gewerkschafter sich auch darüber einmal Gedanken machen. Als stellvertretender Chefredakteur, der in den zurückliegenden 17 Monaten hart daran mitgearbeitet hat, dieser traditionsreichen Zeitung eine Zukunft zu eröffnen, habe ich nicht länger Lust, mir die zarten Erfolge von Gewerkschaftsdogmatikern kaputt machen zu lassen.[…]

„Diese Wertung ist menschlich verständlich, geht aber an der Sache vorbei“, so der Vorsitzende des DJV-Landesverbandes NRW, Helmut Dahlmann. Er erinnert an die Aussage des Vertreters der Beratungsfirma Schickler am 5. Dezember 2008 in der „Lichtburg“ in Essen, dass eine aus „rein betriebswirtschaftlicher Sicht nahe liegende Option“ gewesen sei, die Redaktion der Westfälischen Rundschau aufzugeben. Genau diese Aussage hätten noch viele Kolleginnen und Kollegen in den Ohren. Bis heute habe es keine „Entwarnung“ gegeben. „Im Gegenteil“, sagte DJV-Hauptgeschäftsführer Kajo Döhring: „Die Firma Schickler werkelt weiter im Hause. Und noch vor wenigen Wochen machte eine Mail der Personalabteilung die Runde, bei NRZ und Rundschau gebe es noch insgesamt 21 Stellen zu viel. Wer also schürt hier Angst?“

619 Antworten zu “Wer schürt hier Angst?”

  1. Wanderprediger sagt:

    Liebe Studierende, hier habt ihr schon mal vorab das Skript:

    Die Zukunft der Zeitung liegt im Qualitätsjournalismus … Qualitätsjournalismus ist gefragter denn je …Qualitätsjournalismus muss einen echten Mehrwert bieten … Eine große Chance für den Qualitätsjournalismus liegt im Lokalen … Gratis-Angebote im Web führen zu einem Verkommen des Qualitätsjournalismus … Qualitätsjournalismus, unser Kerngeschäft … muss der Verlag Qualitätsjournalismus möglich machen … glaube ich stärker denn je an die gute Zukunft der Qualitäts- und Kaufzeitung … Qualitätsjournalismus muss angesichts der Informationsüberflutung klug und verantwortlich auswählen … Die Marktlücke für Qualitätsjournalismus wird größer …

    Der Auflagenverlust hat mit der gestiegenen Qualität unserer Zeitungen gar nichts zu tun. Wir sind sehr froh, mit Herrn Aust zusammenzuarbeiten, denn der steht wirklich für Qualität.

  2. Anonymous sagt:

    Nienhaus: „Ein Geschmäckle hatte für mich eher, dass der DGB-Landesvorsitzende Wahlkampf für eine Partei gemacht hat und jetzt Minister ist.“
    .
    Oha! Dann hat es aber sicher auch ein ganz fürchterliches Geschmäckle, dass ein Gewerkschafts-Bundesvorsitzender und Betriebsratsvorsitzender Verhandlungen für die Arbeitnehmer eines großen Zeitungsverlages geführt hat und mittendrin zum Chefredakteur erhoben wurde!

  3. brisko sagt:

    der CDU-MdL und neue Geschäftsführer des Zeitunsgverlegerverbandes NRW Hendrik Wüst war denn auch heute gleich auf der Verlegerseite bei der Tarifrunde Tageszeitungsredakteure im Maritim in Berlin anwesend, wo die Verleger ihre absolut grusligen Vorstellungen für einen neuen Tarifvertrag II für Berufsanfänger konkretisiert haben, genauso übrigens der Personalmanager der WAZ-Mediengruppe, Kopatzki

  4. Man fragt sich sagt:

    …was manche Menschen Gruseliges denken (müßten), wenn sie morgens in den Spiegel schauen.

  5. man fragt sich auch sagt:

    … so sie denn noch ruhigen Gewissens in den Spiegel schauen können.

  6. altegesellschaft sagt:

    Lasst sie mal machen. In ein paar Jahren haben sie ein Problem: Es finden sich dann in einer alternden Gesellschaft mit Fachkräftemangel keine junge Leute mehr, die diesen Job ausüben wollen. Dann geht es noch weiter runter mit der Qualität und noch weiter runter mit Erlösen und Auflagen. Warum sollte jemand diesen Beruf, insbesondere im Lokalen, noch ergreifen wollen, wenn er vergleichsweise schlecht bezahlt ist, ein schlechtes Image hat und auch noch „schlechte“ Arbeitszeiten? Dann geht es wie ganz früher: Haste Kamera, haste Block, kannste anfangen!

  7. Reitz-Porträt bei Meedia sagt:

    Lustiger Text zum Uli der Bosse. Zitat-Meedia: „Ulrich Reitz: Ein Mann schielt nach oben
    .
    Ulrich Reitz ist Chefredakteur der WAZ und gilt als ebenso konservativ wie meinungsfreudig. Er wurde schon als Focus-Chef gehandelt oder als Regierungssprecher von Angela Merkel. Seine WAZ-Kommentare verschickt er regelmäßig als Pressemitteilung. Dabei offenbart er eine für einen Journalisten bisweilen bemerkenswert obrigkeitsfreundliche Haltung. Jüngstes Beispiel sind seine Kommentare zum “Wetten dass..?”-Unfall und zu Wikileaks.“
    .
    http://meedia.de/background/meedia-blogs/stefan-winterbauer/stefan-winterbauer-post/article/ulrich-reitz–ein-mann-schielt-nach-oben_100031985.html?tx_ttnews%5BbackPid%5D=23&cHash=de9fea909b

  8. Reitz-Kommentar zu Wikileaks sagt:

    Leitartikel von Uli Reitz zu Wikileaks unter der Überschrift „Ein übler Verrat“. Atemberaubend.

    http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2010-11/18687068-waz-ein-uebler-verrat-leitartikel-von-ulrich-reitz-007.htm

  9. neuerchef sagt:

    Thomas Kloß wird Chefredakteur von „DerWesten.de“, das hat die WAZ-Mediengruppe gerade in einer Pressemitteilung bekannt gegeben. Der 45-Jährige soll als Chefredakteur Online ab sofort den redaktionellen Bereich des bundesweit größten regionalen Nachrichtenportals verantworten. Er darf direkt an Ulrich Reitz, Chefredakteur der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ (WAZ) und Chef des Content Desks der WAZ Mediengruppe berichten.
    Als Chefredakteur Online bleibt Thomas Kloß weiterhin Mitglied der WAZ-Chefredaktion. Thomas Kloß ist seit 14 Jahren für die WAZ Mediengruppe tätig. Als Chef vom Dienst und Leitender Redakteur gehört er zur Chefredaktion der WAZ.

  10. waz969 sagt:

    Billig und peinlich
    Hombach, Nienhaus, Reitz und Co. werden ja nicht müde, das hohe Lied der Qualität zu singen. Doch die Realität sieht – Ausgabe von heute – anders aus:
    Da liegt den WAZ-Blättern die TV-Beilage „rtv“ bei und in ihr gibt es ein Interview mit Thomas Gottschalk. Der freut sich in dem Text auf seinen nächsten ZDF-Auftritt, freut sich über ein tolles erfolgreiches Jahr und und und…
    Kein Wort über den tragischen Unfall in der letzten „Wetten dass“-Sendung – wie sollte auch?
    Das Interview für diese TV-Beilage wurde (wenn überhaupt) schon vor Wochen geführt, denn die Beilage wird im langen Vordruck produziert. Aktualität? Nebensache! Hauptsache billig, denn anders als früher die BWZ wird „rtv“ nicht mehr im eigenen Konzern produziert, sondern als Billigprodukt fertig bezogen.
    Lieber billig als gut – das war die Devise für das Outsourcing. Und das Leservolk wird’s schon fressen…
    Der Gipfel der Frechheit (und das Gegenteil von Qualität) ist es allerdings, wenn dann in der heutigen WAZ auf der TV-Seite dem ZDF Vorwürfe für den Unfall aufgelistet werden, man aber nicht das Rückgrat hat, dem Leser diese peinliche „rtv“-Panne zu erklären, sich dafür zu entschuldigen.
    Von Qualität zu reden, ist vergleichsweise leicht. Qualitätsmaßstäben gerecht zu werden, das steht wohl nicht auf der Hombach-Nienhaus-Reitz-Agenda. Sie schwatzen nur.

  11. man fragt sich auch sagt:

    Die gesamte Führungsriege ist für die WAZ-Gruppe mittlerweile untragbar und hochgradig existenzgefährdend geworden. Die dafür Verantwortlichen haben es scheinbar leider noch nicht mitbekommen. Hoffentlich passiert das noch rechtzeitig. Denn am Horizont wartet bislang kein Lichtschein, sondern das Nichts.

  12. man fragt sich nicht mehr sagt:

    Auch ich blättere die Zeitung des lokalen „Qualitätsjournalismuses“ noch manchmal durch. Aber genau das, was waz969 in seinem Beitrag kritisiert hat ist mir auch ganz übel aufgestoßen. Man möchte doch nur noch brechen (der positive Nebeneffekt hierbei wäre: Man könnte so schön schlank werden wie die Schweden und ein besseres Selbstbewusstsein bekommen…..)

  13. dummschwätzer sagt:

    Die sog. IT-Harmonisierung gerät in wanken

    Mit Datum vom 09.12.2010 wurde um 16:00 Uhr im Intranet der WAZ-Mediengruppe bekanntgegeben, dass Herr Erik Peper neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer WAZ NewMedia und als Verantwortlicher für den Onlinebereich als Mitglied des Geschäftsleitungskreises mit sofortiger Wirkung die Leitung des IT-Bereiches übernimmt.
    … die bisher an verschiedenen Standorten bei unterschiedlichen Gesellschaften angestellt waren, in die neue Gesellschaft wechseln und einheitlich geführt werden. Der Beschluss beinhaltet auch, dass es keine IT-Tätigkeiten in den Verlagen und sonstigen Organisationen mehr geben wird. Die Organisation der IT-Gesellschaft sieht vor, dass ein Ansprechpartner „abgeordnet“ innerhalb der IT-Organisation für die Verlage/Gesellschaften zur Verfügung steht.
    Das riecht sehr nach der Handschrift von Ragnar Nielsen, welcher sich als Berater bei WAZ eine goldene Nase verdient.

    In einer Abteilungsversammlung der im IT-Bereich tätigen Mitarbeiter, sollen erste Fragen – und von denen gibt es viele – beantwortet werden. Bleibt abzuwarten, ob „der neue“ auch teilnimmt.

  14. bescherung sagt:

    Nun naht die „Bescherung“. In den meisten Redaktionen der WAZ-Mediengruppe naht zum Jahresende oder ein wenig später der Zeitpunkt, daß sich die älteren Redakteure endgültig verabschieden, da ihr „Auslaufvertrag“ in den vorzeitigen Ruhestand endet. Ohne sie waren die Redaktionen nicht funktionstüchtig. Personalverstärkung gibt es nicht. In dieser Situation ist Qualitätsjournalismus nicht realisierbar und klingt vor Ort wie ein Hohn. Wie demnächst die Seiten „gefüllt“ werden, steht in den Sternen. Die vom Verlag seinerzeit zugesagte „Durchleuchtung“ der Redaktionen auf ihre Funktionsfähigkeit ( ein Krankenstand wie nie zuvor ) nach der Sparwelle ist wie das berühmte Hornberger Schießen ausgegangen.

  15. aha sagt:

    Welche Qualifikation hat Herr Kloß für den Posten als Online-Chefredakteur? Das, was online über ihn zu finden ist, ist leider – ähm – übersichtlich.

  16. Redaktor sagt:

    @aha
    Wie wir bereits aus der Vergangenheit wissen, ist ein übersichtlicher Werdegang der Karriere dann keineswegs abträglich, wenn die Beziehungen immer schön gepflegt wurden.

  17. 10,00 Euro sagt:

    Hallo Frank,

    auch ich sehe mich gezwungen mich der Anonymous-Fraktion anzuschließen. Ich möchte nicht aufgrund eines Blog-Eintrages sämtliche Aufträge verlieren – denn niemand ist einfacher austauschbar als die Freien. Ich hoffe, dafür kannst Du Verständnis aufbringen. Du schriebst:

    > als freie Mitarbeiter an uns zu binden. Ihr dürft gerne
    > nachfragen: Wir zahlen da auch faire Honorare.

    Also diese Aussage hätte ich von Dir NIEMALS erwartet. Denn 0,15 bis 0,18 Euro Zeilenhonorar und 10,00 bis 20,00 Euro (alleine mit einer Spanne von 7 Euro zwischen Lokalredaktionen) kann man wohl definitiv nicht als faire Honorare bezeichnen. Ein Freier der 60 Zeilen schreiben soll und mit Hin- und Rückfahrt eine bis anderthalb Stunden zum Termin unterwegs ist und das danach noch schreiben soll ist mit „fairen“ 9 Euro Honorarumsatz dabei. Der Fotograf zu dem Termin der mit Hin- und Rückfahrt eine dreiviertel Stunde bis eine Stunde zu dem selben Termin unterwegs ist, für den Termin eine 5.000 Euro teure Kamera und ein 6.000 Euro teures Objektiv benötigt (selten, öfter ein 2.000 Euro teures) um den geforderten Qualitätsstandard zu erfüllen und danach die Bilder noch beschriften, bearbeiten und mailen muss ist mit „fairen“ 10,00 bis 18,00 Euro Honorarumsatz dabei. Da stimmt doch schon lange die Relation zwischen Produktionskosten (auch die Fahrkosten müssen davon bestritten werden!) und Umsatz nicht mehr. Warum wir noch längst nicht das Handtuch geworfen haben? Weil wir zwischen Loyalität und der Aussicht auf Hatz IV zerrissen werden. Weil wir allen Abwerbeversuchen (des ebenso „fair“ zahlenden“) Mitbewerbers widerstanden haben und zu „unserer“ WR gestanden sind. Weil wir Malte und Dir unterstellt haben verstanden zu haben, dass für Euch Freie laufen die KEINE Beamtenpension bekommen und nur als Langeweile und Geltungssucht für die WR arbeiten, sondern ausschließlich vom Tropf ihrer wenigen verbliebenen Kunden leben (und ich mutmaße an dieser Stelle mal, dass die WR mittlerweile bei allen die noch da sind einen erheblichen, überlebenswichtigen Anteil der Gesamtumsätze ausmacht). Weil wir schon lange und gerne vertrauensvoll mit den Redakteuren/Redakteurinnen der WR zusammenarbeiten. Und wohl auch, weil wir schon so lange dabei sind, dass wir uns mit „unserer“ WR in hohem Maße identifizieren, obwohl wir eigentlich selbständige Unternehmer sind. Und die Angst in den Redaktionen – egal von wem geschürt – ist nicht nur auch für die Freien spürbar. Sie wirkt sich auch teilweise – je nach dem wie blank die Nerven bei dem Redakteur gerade liegen – auch auf die Kommunikation und die Zusammenarbeit aus. Der „Mein-Hemd-ist-mir-das-Nächste-Geist“ weht eiskalt latent durch die Redaktionen. Und wir sind trotz Kürzungen von Bildhonoraren um fast die Hälfte, Honorierung von qualifizierten Fotostrecken mit 20,00 Euro noch immer dabei. Jeden Tag, morgens um 8.00 Uhr ebenso wie nachts um 23.00 Uhr. Auch die Kollegen und Kolleginnen die irgendwo am Eingang ständig umständlich erklären müssen, dass sie zu wenig verdienen um einen Presseausweis bekommen und erst rein gelassen werden wenn der Fotograf kommt und seinen vorzeigen kann. Soviel zu den „fairen“ Honoraren, die ja sogar Malte als „abenteuerlich“ bezeichnet hat. Und zu Gerüchten im Flurfunk, dass Freie die nach den ausgehandelten Text-Honoraren gefragt haben angeblich kalt gestellt worden sein sollen. Und der Angst, die mit solchen Gerüchten geschürt wird.

  18. WAZ des Tages sagt:

    @bodospricht

    Seierei. Das lässt sich Bodo schön von seinen Pressejungs aufschreiben. Schon von diesem pseudokenntnisreichen Einstieg mit alle dem Youtube und Ebay wird einem ganz anders.

  19. […] Ein Freier bei der WAZ: Warum wir noch längst nicht das Handtuch geworfen haben? Weil wir zwischen Loyalität und der Aussicht auf Hartz IV zerrissen werden … medienmoral […]

  20. Redaktor sagt:

    Tja, die Anrede in Ihrem Vortrag wirkt noch etwas merkwürdig. „Spectabilis“ ist dort, wo es überhaupt noch gebräuchlich ist, nur unter Professoren üblich und dann nur bei sehr festlichen Anlässen. Aber Sie sind ja jetzt auch fast Professor. Da wird es Sie interessieren, dass sich seit ein bis zwei Jahrzehnten die geschlechtsneutrale Partizipialform „Studierende“ durchgesetzt hat.Macht nichts, man kann nicht alles wissen. In jedem Fall müssen Sie aber davon ausgehen, dass an westlichen Universitäten neuerdings auch „Studentinnen“ im Auditorium sitzen. „Liebe Studenten“ reicht deshalb als Anrede nicht.
    Naja, vielleicht waren es ja auch nur Studenten, die Ihnen zuhörten. Die können es sicher auch besser ertragen, wenn Sie zu Beginn über junge Erwachsenen die Behauptung aufstellen, dass diese, zu Hause angekommen, gleich wieder gehen: ins Internet. Man mag das als Vorurteil sehen. Es ist ja auch eines. Es kommt bei mir ungefähr so ‚rüber wie einer meiner früheren Lehrer, der bei ähnlicher Gelegenheit zu Beginn seines Vortrages erst einmal ins Mikrofon rülpste.
    In aller Bescheidenheit tragen Sie, Mann von der WAZ, ein paar Sätze weiter vor, dass diese angeblich sämtlich ins Internet entwichenen jungen Erwachsenen nun sogleich Infos über einen Mann von der WAZ googeln, der einen Vortrag in der Uni halten wird. Stimmt, das ist bestimmt die erste Tat, wenn so ein wichtiger Mann aus der großen Welt an eine so kleine Uni kommt.
    Und Sie lassen auch durchblicken, dass Sie ein Homo politicus sind. Das ist schön, zumal es auch einen gewissen wissenschaftlichen Anspruch Ihres Vortrages unterstreicht. Immerhin war es der dritte lateinische Begriff innerhalb einer halben Minute.
    Einfach wunderbar sind antike kommunikationswissenschaftliche Perlen aus den Anfängen des letzten Jahrhunderts. Etwa Ihr Satz: „Das Medium ist Transporter. Die Botschaft ist die Botschaft“. Vermutlich haben die Magnifizenzen und Spektabilitäten sofort erschrocken überlegt, ob man nach diesem Erkenntnissturm aus der WAZ-Chefetage nicht 60 Jahre Medienwirkungsforschung sofort in den akademischen Mülleimer befördern muss.
    Aber als gelernter Fernmeldehandwerker ist Ihnen klar: Es gibt nur einen Sender und einen Empfänger, und dazwischen liegt ein Kabel, das Medium. Basta. „Ob wir unsere Botschaften auf hohlen Baumstämmen trommeln, in Stein meißeln, Bleilettern gießen oder sie auf Bildschirme pixeln, ist eine eher beiläufige Frage der Effizienz und der Kosten.“ Genial. Dass Heerscharen von Psychologen, Werbefachleuten und Fernseh-Programmdirektoren weltweit das aus gutem Grund völlig anders sehen dürften – geschenkt.
    Schön ist es natürlich, wenn Sie die Presse als Wächter, Kritiker und Enthüller betrachte. Was lIhr oberster Chefredakteur kürzlich in seinem Kommentar zu Wikileaks übrigens völlig anders gesehen hat. Für den sind Enthüllungen schlicht strafbarer Geheimnisverrat, vermutlich angefangen bei Watergate und ähnlich wichtigen Geheimnissen, die keiner im Volk hätte wissen dürfen. Naja, vielleicht hatten Sie noch nicht gelesen, was der Mann da so alles schreibt.
    Schließlich aber kommt der Punkt, über den ich mich persönlich sehr gefreut habe: „Die Vielfalt der Medien steigert sich von Woche zu Woche“. Sie müssen es wissen, denn laut Wikipdia sind Sie inzwischen Herr über 38 Tageszeitungen, 108 Publikums- und Fachzeitschriften, 133 Anzeigenblätter und 250 Kundenzeitschriften. „Die Vielfalt steigert sich“, sagen Sie also völlig zu Recht, um dann zum Höhepunkt der Erkenntnis zu gelangen: „ihre Qualität nicht.“ Wie wahr. Und dann der Knaller: „Da die Erfindung des 25-Stunden-Tages auf sich warten lässt, wird sich daran nichts ändern.“ Heureka! (Diesen Ausruf hätten Sie nun noch hinzusetzen dürfen, griechisch passt durchaus ins akademische Umfeld.) Wir haben es immer gewusst. Wir haben es auch gesagt, das mit der Qualität und dem 25-Stunden-Tag. Allein, es hat uns bisher niemand geglaubt. Außer Ihnen. Dafür gebührt Ihnen unser Dank.
    Alles in allem war es eine wirklich erhellende Predigt. Da möchte man doch noch einmal Redakteur sein. Oder noch besser: Studiosus.

  21. Ehemaliger Rundschau-Redakteur sagt:

    Hallo 10,00 €

    Es ist eine Frechheit Freie mit solchen Summen, wie die von Ihnen geschilderten abzuspeisen.

    Bereits Mitte der Siebziger Jahre zahlte die Westfälische Rundschau in ihren ehemaligen Redaktionen Wanne-Eickel, Herne, Bochum, Wattenscheid für ein Bild zu 30 DM.

    Fahrkosten wurden auch nicht erstattet. Allerdings war der Sprit billiger, die Kameras kosteten nicht soviel.

    Es reichte damals auch eine Praktica mit Carl zeiss Objektiven aus Jena.

    Pro zeile gab es um die zwanzig Pfennige. Pauschalisten erhielten für ihre Vollzeittätigkeit in einer Redaktion um die 2000 DM.

    Vergleicht man die Honorare 33 Jahre später, berechnet man die Inflation in den vergangenen drei Jahrzehnten, dann muss man feststellen: Dieser Verlag zahlt Almosen, die zum Leben nicht reichen; nicht einmal zum Sterben.

    So werden immer mehr SchülerInnen, PraktikantInnen, Rentner angeheuert. Denn sie dürfen dafür umsonst zu einer Veranstaltung. Der nächste Schritt dürfte wohl sein, dass demnächst die Bürgerrporter noch geld mitbringen müssen, damit sie gedruckt werden, weil sie ja so mitteilungsfreudig sind. Wozu braucht man da noch Redakteure ? Die kosten doch nur, meckern `rum und das bisschen was da zu schreiben ist, können doch die Leser gleich selber pinnen.

  22. Redaktor sagt:

    @ Ehemaliger Rundschau-Redakteur
    .
    Neulich, Pressekonferenz in einer Kleinstadt. Der Bürgermeister spricht, gemeinsam mit dem Kämmerer, über ein Einzelhandelskonzept und städtische Investitionen. Es entwickelt sich sodann zwangloses ein Pressegespräch mit den Lokaljournalisten. Dazu gibt es Kaffee und Plätzchen.
    Auch die ungewöhnlich junge „Freie“ einer wohlbekannten Zeitung beteiligt sich. Mit genau zwei Fragen. Die erste stellt sie zu Beginn: „Könnte ich ‚mal den Kaffee haben?“ Die zweite kommt ganz zum Schluss: „Und wer von Ihnen war jetzt noch ‚mal der Bürgermeister?“

  23. Redaktor sagt:

    …zwanglos ein Pressegespräch… Sorry.

  24. Babapapa sagt:

    >“Das lässt sich Bodo schön von seinen Pressejungs aufschreiben.“
    .
    Deren Abteilung ja angeblich inzwischen weitaus größer ist als jede durchschnittliche Lokalredaktion.

  25. WAZ des Tages sagt:

    Es geht immer noch besser: WAZ startet “Wikileaks”-Konkurrenten:http://www.ruhrbarone.de/waz-startet-wikileaks-konkurrenten/
    .
    Eben noch war Wikileaks des Teufels, jetzt macht die WAZ den Investigativ-Pionier. „Die WAZ-Mediengruppe hat ein Dokumente-Portal eingerichtet. Whistleblower und andere Bürger können dort anonym Dokumente hochladen.“
    .
    Meine Prognose: Das wird für Scoops sorgen, wie sie die Welt noch nie gesehen hat.
    .
    Alle Geheimnisträger aus NRW stehen sicher schon Schlange, um die für ihre Unabhängigkeit bekannte WAZ mit Enthüllungen aus der Welt der Mächtigen an Rhein und Ruhr zu versorgen.
    .
    Yippieh! Kisch-Preis. Sofort!

  26. Bodo Hombach seine Frau ihr wePad sagt:

    Lange, lange haben sich die Herren Hombach und Reitz über Internetangebote wie dieses gewundert und die Anonymität verurteilt. Ihr Verlag sieht nun aber doch Potenzial. Schließlich sollen große Räder gedreht werden. Damit die durchaus fruchtbaren Ergebnisse der Diskussionen hier eine größere Öffentlichkeit erhalten, sollten die Hintergrundinformationen ab sofort täglich parallel an das Rechercheteam des Verlags gesendet werden:

    https://www.derwesten-recherche.org/?short=recherche

  27. Redaktor sagt:

    @ Bodo Hombach seine Frau ihr wePad: „sollten die Hintergrundinformationen ab sofort täglich parallel an das Rechercheteam des Verlags gesendet werden“
    .
    Sollten sich dann aber die noch übrig gebliebenen abhängig Beschäftigten darüber im Klaren sein, dass sie ohne besondere Vorsichtsmaßnahmen dem Verlag damit ihre IP-Adressen übermitteln und der evtl. via Vitamin B an die Namen und Adressen der Verfasser herankommt.
    Ein guter Grund fürs Safer Surfen, z.B. mit Privacy Dongle oder einfach über einen Online-Anon-Proxy.

  28. hahaha sagt:

    nicht zu fassen, was die Wissenschaft alles so feststellt und wer diese Forschung finanziert, die vier Titel der WAZ-Mediengruppe in NRW sollen nämlich trotz des Abbaus von 300 Redakteursstellen die redaktionelle Qualität in den überregionalen Mantelteilen von „WAZ“, „NRZ“ und „WR“ steigern können. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung, die von der WAZ-nahen Stiftung Pressehaus NRZ und der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung finanziert wurde.
    http://www.presseportal.de/pm/71254/1733411/medienwirtschaft_zeitschrift_fuer_medienmanagement_und_kommunikationsoekonomie

  29. WAZ des Tages sagt:

    Also heute kommt es ja ganz dicke.
    .
    Die von „hahaha“ genannte Studie wird per Pressemitteilung u.a. wie folgt eingeordnet: „Die aufwändige Inhaltsanalyse stellt fest, dass die drei Zeitungstitel ihre ohnehin bereits hohe journalistische Vermittlungsqualität nach der Neuorganisation der Redaktionen noch weiter verbessern konnten; zudem konnten die drei Blätter die Lesernähe durch eine Stärkung des regionalen Bezugs der Berichterstattung erkennbar steigern.“
    .
    Also: Alle mal abregen hier. Ist doch alles in Butter. 300 Leute raus. Auflage runter aber suuuuuuuuper Qualität. Da muss erst die Wissenschaft kommen – dem Bodo glaubts ja keiner…

  30. Redaktor sagt:

    Zitat: „Das Untersuchungsergebnis dürfte in der Zeitungsbranche mit großem Interesse aufgenommen werden.“
    Sicher. Ganz sicher sogar. Ebenso sicher ist aber leider auch, dass es die Leserschaft wieder einmal nicht goutieren wird, das Hohelied von der Qualität. Wie weiß man doch spätestens seit Adi Preißler: „Grau is‘ alle Theorie; entscheidend is‘ auf’m Platz“.

  31. prawda sagt:

    Wurde auch schon Markenschutz beantragt z.B. für Neues (West-)Deutschland?

  32. Wat kost'? sagt:

    Möchte gern den Betrag wissen, den die Professoren Rager und Rinsdorf für ihre sicher höchst willkommene Studie kassiert haben.

  33. Hans Plagwitz sagt:

    Ich möchte darauf hinweisen, dass es bei der „Studie“ nur um die Mantelteile ging, die, möchte ich einmal frech behaupten, nie das Hauptargument für den Kauf einer der Titel war.

    Interessant wäre eine Untersuchung, die sich mit der Qualität der Lokalteile nach dem personellen Aderlass und der Desorganisation (Regio-Desks) beschäftigt.

    Ich bin mir sicher, dass die Ergebnisse einer solchen Studie nicht via OTS oder derWesten verbreitet würden…

  34. Ex-WRler sagt:

    @Hans Plagwitz
    .
    Man könnte es natürlich auch so sehen: Wenn doch die Qualität nachweislich ständig steigt, die Auflage aber ebenso nachweislich ständig sinkt, dann muss der Niedergang offenbar völlig andere Gründe haben als mangelnde Leistungsbereitschaft und -fähigkeit der Redakteurinnen und Redakteure. Die erbringen dann ja wohl ihren Beitrag in hervorragender Weise.
    .
    Demnach kann es eigentlich nur noch am miserablen Management eines Verlages liegen, wenn die Leser im Vergleich mit anderen Zeitungen am selben Markt überproportional stark Abos kündigen und das Blatt wie Blei im Verkaufsständer liegen bleibt.
    .
    Insofern, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das eine gute Nachricht: Wenn’s doch noch weiter bergab geht: Ihr seid es jedenfalls nicht schuld! Das ist ja jetzt quasi wissenschaftlich festgestellt worden.

  35. Genau sagt:

    @Hans Plagwitz
    Sehr richtig!

  36. wat is? sagt:

    Wat? Dat Lokale? Wen interessiert das im Verlag? Mal abgesehen von den ständigen Sonntagsreden. Und den Lesern.

  37. Vorspann sagt:

    Stimmt es, dass bei der wp der offizielle Abschied von Bodo Zapp abgesagt wurde?

  38. Hannes sagt:

    @Vorspann
    Wie kommst Du zu dieser Vermutung?

  39. Vorspann sagt:

    Wird bei den blauen Schlümpfen erzählt.

  40. Hannes sagt:

    @Vorspann
    🙂

  41. weihnachtsgeld sagt:

    Wer hat dem wird gegeben. Der ehemalige WAZ-Chef Günther Grotkamp (83) will sein Weihnachtsgeld in voller höhe ausgezahlt bekommen. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung in ihrer Ausgabe vom 10.12.2010. Der mit einer der reichsten Deutschen verehelichte EX-Manager will die im Vorjahr von den Gesellschaftern beschlossene Deckelung des Weihnachtsgeldes auf 3000 Euro nicht klaglos hinnehmen. Nach SZ-Informationen soll seine Pension deutlich über eine Million Euro pro Jahr betragen. Es stünden ihm allein für 2009 noch hunderttausend Euro Weihnachtsgeld zu, mit dem Geld für dieses Jahr sollen das insgesamt fast eine Viertel Million Euro Weihnachtsgeld sein! Dafür kann man schon mal die ein oder andere Packung Spekulatius oder Dominosteine kaufen…
    Immerhin ist er bereit, mit dem Verlag über seine Weihnachtsgeldrechte zu verhandeln, schreibt die SZ über den netten älteren Herren

  42. Arno Tilsner sagt:

    @weihnachtsgeld
    Ihren Worten entnehme ich, dass Sie nicht wissen, was Sie einem Leistungsträger schuldig sind.