Ausverkauf der Zombie-Zeitung?

Essen. Die Funke-Mediengruppe hat die Westfälische Rundschau (WR) in Unna, Fröndenberg, Holzwickede, Kamen und Bergkamen an den Rubens-Verlag verkauft. Das bedeutet, dass der Herausgeber des 26.000 Exemplare starken Hellweger Anzeigers nicht mehr nur den Lokalteil in der Region zuliefert, sondern dass ihm dieses Stück des WR-Kuchens auch gehört. Zwei Verlage besitzen nun also Teile derselben Zeitung. Zu welchem Preis der Deal gelaufen ist, ist unbekannt.

Wird auch diese Aktion wieder ein vielseitig anwendbares Funke/WAZ-Modell, wie die Zombie-Zeitung eins geworden ist? Dieses Mal Ausverkauf am Kartellamt vorbei?

Vor gerade mal vier Monaten hat die Mediengruppe damit begonnen, alle WR-Redaktionen zu schließen und die Konkurrenz mit der Zulieferung lokaler Inhalte zu beauftragen (darunter auch Rubens). Ausgeweitet hat man diese abstruse Idee zum 1. Mai auf die Regionalredaktion der WAZ im Kreis Recklinghausen: Redakteure weg, Redaktion geschlossen, Verlag Bauer (Recklinghäuser Zeitung) übernahm die Berichterstattung vor Ort. Violá: Modell Zombie-Zeitung. Bei dem eins sicher ist: Zeitungsvielfalt sieht anders aus!

Mit dem Verkauf von Teilen der Westfälischen Rundschau wird der sowieso schon abstruse Deal nun aber noch einmal weitergedreht. Die FAZ meldet heute, dass das WAZ-Imperium bröckelt, und fragt sich: „Und wer ist der Nächste: Dortmund, Lünen und Schwerte, Lüdenscheid oder Iserlohn?“ Kaum erträglich ist dabei, dass Funke und Rubens in einer gemeinsamen Pressemitteilung betonen, dass beide Zeitungen „mit ihren unterschiedlichen Ausrichtungen und Schwerpunkten die vielfältigen Bedürfnisse im Lesermarkt bedienen“ sollen. Der Unterschied zwischen der WR und dem Hellweger Anzeiger besteht aber lediglich im Hauptteil. Der vor Ort wichtige und entscheidende Lokalteil der Tageszeitungen kommt vom Monopolisten. Höchste Zeit, dass die Kartellbehörden sich das anschauen, findet da mancher Branchenkenner.

Für die rund 8.000 Abonnenten der betroffenen (verkauften) WR-Ausgaben soll sich nichts ändern. Die Mantelseiten der WR produziert weiterhin der Essener ContentDesk der WAZ, die Lokalseiten liefert eben die Redaktion des Hellweger Anzeigers. Die seit 170 Jahren bestehende Erstzeitung hat die Zweitzeitung übernommen. Was hört man oft aus dem Hause Funke/WAZ? Dieser teure Wettbewerb, den müsste man mal reduziert kriegen…

 

91 Antworten zu “Ausverkauf der Zombie-Zeitung?”

  1. Keek sagt:

    @Wissender: Wieso eigentlich Herr Ü.? Ich lese bei newsroom nur dpa-Texte und offizielle Statements der Konzerne. Vielleicht kannst Du ja mit einem Gastartikel einspringen. Du scheinst ja den Plan zu haben….

  2. Wissender sagt:

    Guck an!

  3. roeper sagt:

    ja, der Horst Roeper, Zeitungsforscher vom Dortmunder Formatt-Institut wurde heute auf WDR2 zum Funke/ Springer-Deal befragt und sagte das sinngemäß dieses: Die Funke-Gruppe hat sich Produkte eingekauft, die eine gute Rendite erwirtschaften, und die Funke-Gruppe wrd es sicher schaffen, diese Rendite noch zu steigern.
    Ja, genauso wird es wohl kommen…

  4. Zitronentörtchen sagt:

    Meines Wissens haben die beiden Zeitungen aus Hamburg und Berlin zuletzt auch wieder verloren und zwar nicht zu knapp. Aber klar, das wird die neue regionale Macht.

  5. uknig sagt:

    Ich gehe jede Wette ein, dass die Funke-Verantwortlichen auch diese Objekte runterwirtschaften werden. Spannend wird nur sein, wie lange sie dafür brauchen.

  6. passtdaszusammen sagt:

    ja passt das zusammen? schön fand ich aus der Süddeutschen Zeitung ja die Formulierung „WAZ und Hamburger Abendblatt, Currywurstbude gegen Elbchaussee“

  7. Wissender sagt:

    @Keek
    Geht es nur mir so oder vermisst noch jemand in dem Spiegel-Text die saubere Trennung zwischen Bericht und Meinung?

  8. Hans Plagwitz sagt:

    Dieser Kauf ist doch auch ein Schlag ins Gesicht für die WAZ-Mitarbeiter, die in den letzten Wochen mit mehr oder minder knapp kalkulierten Abfindungsangeboten aus dem Unternehmen gedrängt wurden. („Nehmen sie das Geld, die nächsten Abfindungen werden schlechter, wenn es nicht sogar betriebsbedingte Kündigungen gibt!“). Die Funke-Gruppe muss sparen, die wirtschaftliche Lage ist bedrohlich, hieß es in den Verlagsetagen. So beängstigend wurde die Situation dergestellt, dass man sich die WR-Redaktion nicht mehr leisten zu können meinte.
    .
    Und nun das! jetzt kann man sich neue Tageszeitungen leisten, die ganz ohne Synergien betrieben werden sollen. Berlin und Hamburg liegen nicht so vor der Haustür wie Dortmund. Nun scheinen für die Funke-Gruppe 1,5 Mrd. Euro Schulden keine Rolle mehr zu spielen.
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    Ich befürchte, hinter dem Deal mit Springer stecken ganz andere Ideen, die sich hier so konkret noch niemand vorstellen kann.

  9. ard-nachtmagazin sagt:

    so hat das ARD-Nachtmagazin berichtet, ab Min 3:18, mit einen Interview mit Steffen Grimberg (Ex-taz, jetzt NDR, Redaktion Medienmagazin Zapp
    http://www.ardmediathek.de/das-erste/nachtmagazin/nachtmagazin?documentId=16104520

  10. Brandaktuell sagt:

    Hat „Medienmoral“ eigentlich schon gemerkt, dass sich da etwas getan hat?

  11. Medienmoral sagt:

    @brandaktuell. Nö :-)) was wollt Ihr, more of the same?

  12. wasalleswo sagt:

    wasalleswo schon gesagt wurde hier
    http://www.facebook.com/PrintAusverkauf.de

  13. Freude sagt:

    Ist das nicht schön, dass jetzt die Gefährtin des verbliebenen WR-Chefredakteurs groß bei der WAZ einsteigt?

  14. Keek sagt:

    @Wissender: Ich vermisse die „saubere Trennung zwischen Bericht und Meinung“ in diesem Fall nicht. Mit den Medien haben sich doch auch die Formate geändert bzw. sind in einem Prozess der Veränderung. Die alte Medienwelt gibt es nicht mehr, sie verschwindet Schritt für Schritt.
    .
    Erwarte nicht von den Verlegern dieses Verbands, dass sie aus der alten Welt irgendetwas festhalten wollen. Denen geht es nur um Umsatz und Profit. Die Menschen, die ihre Produkte schaffen, sind für sie nur Mittel zum Zweck und austauschbar. Von daher gefällt mir dieser Spiegel Online-Beitrag sehr gut.

  15. Brandaktuell sagt:

    @Medienmoral
    Gebt zu, ihr habt die Sache Springer/Funke ein bisschen verpennt.

  16. friedespricht sagt:

    und sagt nicht viel originelles, ausser das die Bild und die Welt nicht angetastet werden, na dann ist ja alles gut!
    http://kress.de/mail/alle/detail/beitrag/122332-friede-springer-zum-zeitungsverkauf-logische-konsequenz-aus-der-entwicklung-des-marktes.html

  17. altpapier sagt:

    bringt eine kommentierende Presseschau rund um den Funke-Springer-Deal
    http://weblogs.evangelisch.de/weblogs/altpapier/2013/07/29/bisher-nur-show

  18. loslassen sagt:

    loslassen und sich trennen können empfiehlt Silke Burmeister auf Spiegel Online den Akteuren auf dem Zeitungsmarkt, und lobt Döpfner als Vorreiter einer Feng Shui-Bewegung
    http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/silke-burmester-lobt-mathias-doepfner-fuers-entrumpeln-a-913406.html

  19. wieiiefwirdsiegehen sagt:

    … die Kooperation zwischen den Springer-Blättern und den Funke-Titeln, wieviel Einheitsbrei bundesweit wird es geben? nichts scheint mehr unmöglich
    http://www.handelsblatt.com/meinung/kolumnen/kolumne-off-screen-einheitsbrei-verdirbt-den-appetit-seite-all/8565616-all.html

  20. zeit-dossier sagt:

    nun steht das hier auch schon Blog erwähnte Zeit-Dossier zur Westfälischen Rundschau auch online
    http://www.zeit.de/2013/36/zeitungssterben-journalismus-westfaelische-rundschau

  21. morgenkinder sagt:

    morgen Kinder wird´s was geben, nämlich eine Pressemitteilung der Funke-Mediengruppe, in der sie auf der ihr eigenen Art bekannt geben wird, dass sie sich, wie schon nach dem Rauswurf der Rundschau-Redaktion, erneut für den Erhalt der Pressevielfalt in NRW eingesetzt hat, am darf also nichts positives erwarten!

  22. nachtmensch sagt:

    @morgenkinder. Welche Ausgaben wird es denn diesmal treffen, hört das denn nie auf?

  23. nunistesraus sagt:

    aus einem Info der WAZ-Geschäftsleitung:
    FUNKE MEDIENGRUPPE übernimmt ab dem 1.11. d.J. lokale Inhalte in der WAZ- und WR-Ausgabe Castrop-Rauxel vom Medienhaus Lensing / Die Ausgaben in Dorsten und dem Alt-Landkreis Lüdenscheid werden aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben. In Dorsten wird die WAZ am 31. Oktober 2013 zum letzten Mal erscheinen. Eine langfristige Perspektive der Zeitung ist dort nicht gegeben.
    Darüber hinaus wird sich die FUNKE MEDIENGRUPPE zum 31. Dezember 2013 mit den zwei Ausgaben Lüdenscheid/Halver und Altena/Werdohl/Plettenberg der WR aus dem Alt-Landkreis Lüdenscheid zurückziehen.
    Den insgesamt 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den Redaktionen Castrop-Rauxel und Dorsten werden vakante Stellen im Unternehmen angeboten.

  24. Anonymous sagt:

    Der Herr Ü. schreibt doch noch über Funkes, irgendwie hatte ich ihn schon vermisst: http://www.newsroom.de/news/detail/$IWBNCMJRFLMQ/regionalzeitungen_weitere_marktbereinigung_im_westen

  25. loyal sagt:

    Von Ürük: „Wetten, ob es den Konzern in fünf, in zehn Jahren noch geben wird, werden längst in Redaktion und Verlag abgeschlossen.“

    Wetten, ob es Newsroom in fünf oder in acht Jahren noch geben wird, werden tatsächlich abgeschlossen.

  26. nochnezombiezeitung sagt:

    es fällt schon auf, dass auch an dieser Zeitung, wie auch schon an der Westfälischen Rundschau, die sozialdemokratische Medienholding ddvg beteiligt ist
    http://www.turi2.de/2014/05/21/heute2-neue-presse-lokalteil-konkurrenz-18498264/

  27. fusionverschoben? sagt:

    Der Ruhr Nachrichten Nachrichten und der Westfälische Zeitungsverlag, Hrsg. der Westfälischen Rundschau, wollen nicht mehr fusionieren, einen entsprechenden Antrag beim Bundeskartellamt haben sie zurückgezogen http://tinyurl.com/kbovm6o

  28. mehrspekulatius sagt:

    wieso kommt der Kollege Bülent Ürük denn bei seinen Spekulationen nicht zu der nahe liegenden Einsicht, dass das Kartellamt den beiden Verlagen signalisiert hat, dass ihr Antrag keine Aussicht auf Erfolg hat. Denn dann hätten die Ruhr-Nachrichten ja auch formal eine marktbeherrschende Stellung im Großraum Dortmund, und genau so etwas soll das Kartell ja eigentlich verhindern, auch wenn der Rückzug des Antrags am Alltagsgeschäft und der Übernahme des Lokalteil gar nichts ändert…

  29. morgenkinder sagt:

    Wieso rufst du ihn nicht einfach an? Dann kann er von dir auch noch lernen! Nummer steht doch immer unter den Berichten.

  30. Alborosie sagt:

    Frage: Wen interessiert das alles eigentlich noch? Fakt ist: Die Verleger im BDZV haben überall das Monopol, es gibt jetzt eine Einheitszeitung für jede Stadt, als Bonus gibt es dazu die BILDung vom Kooperationspartner Axel-Springer-Verlag.
    .
    Die Verleger nutzen den Umbruch in der Branche, um sich auf Eure Kosten zu sanieren.
    .
    Wer interessiert also noch, ob Titel x nun Verleger x oder Verleger y gehört?
    .
    Macht doch lieber Eure eigenen Medien, anstatt über die Geschäftsmodelle des BDZV zu diskutieren. Das Thema ist durch.

  31. so richtig verstehen sagt:

    so richtig verstehen kann ich sie nicht die Entscheidung des Kartellamts: am lokalen Einheitsbrei in Dortmunds Zeitungsmarkt ändert sie faktisch nichts
    http://tinyurl.com/o56dgnj

  32. büntes ruck rede sagt:

    Der Ex-Chefredakteur der Westfälischen Rundschau, Frank Bünte, fordert jetzt das Kartellamt auf, noch einen Schritt weiter zu gehen
    http://www.newsroom.de/news/detail/$IWCOJTHPLRNR/

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