Betriebsräte sehen Demokratie und Lokaljournalismus in Gefahr
„Hier ist ein Stück Demokratie in Gefahr“ war die Kernbotschaft einer gut besuchten Pressekonferenz der Betriebsräte von WAZ, NRZ, WR und WP heute im ver.di-Haus in Dortmund. Deutlich bezogen die Betriebsräte Stellung gegen den von der Unternehmensberatung Schickler und der Geschäftsführung der WAZ-Gruppe beabsichtigten Personalabbau. Diese Pläne bedeuteten einen nie wieder rückholbaren Verlust von Meinungsvielfalt durch Redaktionsschließungen.
Vorgetäuschte Lokalredaktionen („Mogelpackungen“ nennen es die Gewerkschaften) und Personalabbau in großem Stil müsse auch die Leserinnen und Leser sowie die Politiker alarmieren. Der beim „Streichkonzert ohne inhaltliches Konzept“ geplante Kahlschlag mit der Folge einer Monostruktur führe darüber hinaus in den meisten Lokalredaktionen zu einer viel zu knappen Besetzung. Dies habe zur Folge, dass die Arbeitsbelastung unzumutbar steige und zwangsläufig die Qualität sinke. Die Redakteurinnen und Redakteure könnten ihre gesellschaftlichen Aufgaben nicht mehr erfüllen. Dem Lokaljournalismus drohe ein „Tod auf Raten“. Dabei liege die Zukunft der Zeitungen gerade im Lokalen. Ein grundsätzlicher Fehler sei, dass die Schickler-Pläne ein reines Zahlenwerk darstelle, Inhalte aber überhaupt nicht berücksichtige. „Wir fordern schon seit Jahren, das Leserverhalten zu untersuchen und danach ein inhaltliches Konzept zu entwickeln“, so die Betriebsräte.
Man sei unter der Vorbedingung in die Verhandlungen über einen Sozialplan gegangen, dass betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden, erklärten die Betriebsräte. Dies sei bisher immer noch nicht der Fall. Die Betriebsräte wiesen außerdem darauf hin, dass der Anteil der Redaktionen an den Kosten der Zeitungen bei 23% liegt. Die Redaktionen sollen aber 100% der Verluste auffangen, während die größten Kostentreiber die Bereiche Anzeigen, Vertrieb und Marketing sowie Administration waren. Die Betriebsräte forderten ein Gesamt-Sparkonzept mit Augenmaß.
Die Betriebsräte beklagten den Mangel an publizistischen Grundeinstellungen, auch in ihrem Haus seien „die Verleger gegangen und die Kaufleute gekommen“. In der Pressekonferenz erklärten sie, dass sie zwar noch auf Verhandlungen setzen, die Gewerkschaften aber aufgerufen seien, sich nach einem Scheitern der Gespräche auf die Forderung nach einem Sozialtarifvertrag zur Beschäftigungssicherung vorzubereiten.
Folgende Termine für Betriebsversammlungen sind vereinbart:
26. Februar: Westfalenpost
4. März: WAZ
6. März: NRZ
In der 11. Kalenderwoche soll es noch einmal eine gemeinsame Betriebsversammlung aller vier Titel geben.
Guck an, unsere Betriebsräte sind endlich aufgewacht, nachdem sie vorher mit Wattebäuschchen beworfen worden waren…
Hallo, da seid ihr ja, liebe Betriebsräte! Regelungsabrede mit der GGF beendet, Sozialplan mit Sonderkonditionen für Leute mit besonderem Kündigungsschutz unter Dach und Fach, Schweigegelübde aufgehoben, schön eingeseift worden? Dann kanns ja ab heute ans Abwickeln gehen!
Liebe Leute. NRW ist schön! Jetzt seht das mal nicht so verkniffen.
@Stadtteil-Bloging: Der Beruf des Journalisten hat nicht das geringste mit Bloggen zu tun, über oder unter den Artikeln steht Dein Name, und wenn Du Mist schreibst, dann bist Du schneller weg, als Du denken kannst. Ich kenne viele Kollegen, die den Beruf seit 20, 30 Jahren machen und immer kritisch berichtet haben – mit ihrem Namen unterschrieben. Das ist der Unterschied. Und wenn Du mal ein Seminar über Presserecht besucht hast, dann reißt Du so schnell nicht mehr die Schnauze auf. Es sei denn, Du bist ein Kollege, wie ich sie eben erwähnt habe. Davon gibt es logischerweise nicht sehr viele. Bevor hier noch jemand meint, über Journalismus schreiben zu müssen, empfehle ich das deutsche Presserecht zu lesen. Bei jedem Foto, das Du machst, musst Du gut überlegen, ob Du es machen darfst. Bei jedem Artikel oder Kommentar musst Du Dir überlegen, ob es vor Gericht belastbar ist. Sonst kommen auf den Verlag bzw. auf Dich persönlich Schadensersatzklagen zu. Journalismus hat nichts mit Rumrotzen zu tun, sondern mit akribischer Recherche. Aber die ist nicht mehr gefragt, und das liegt nicht an den Journalisten. Ansonsten viel Spaß beim Stadtteil-Bloging bzw. beim Rumrotzen.
Ach ja, ich müsste jetzt noch den Berufsalltag eines Redakteurs beschreiben, um klar zu machen, dass die meisten abends nicht mehr in die Kneipe gehen können, um eventuell Neuigkeiten zu erfahren. Es sei denn, man verzichtet auf Familie und Gesundheit.
Ich weiß nicht, was mich mehr entsetzt: Dass die Betriebsräte sich haben einlullen und anschließend überrennen lassen – oder dass wir an die Parole der Vermeidung betriebsgedingter Kündigungen wider rechnerische Grundlagen geglaubt haben.
.
Und nun tun wir – WAS?
Haben wir? Ich nicht.
Es ist Wochenende und keiner geht auf den Blog. Ich finde es nicht gut wie hier auf Betriebsräte eingeschlagen wird! Die Arbeit ist in solchen Situationen wirklich nicht einfach! Wer will denn heute überhaupt noch BR werden? Unterstützt den BR statt hier Spüche …
Wo ist denn die Journalistengemeinschaft die aktiv wird, selbst den Volo-Tarifvertrag gab es damals nur durch die Streikunterstützung von den Belegschaften aus dem Technik-Bereich!!! Drucker und Setzer haben dafür gestreikt – heute müssen wir es schon selber tun, wenn es um einen Sozialtarifvertrag zur Beschäftigungssicherung in den Redaktionen geht.
Sorry, sonst schlucke ich ja alles, wenn es um Journalisten-Bashing oder das Erstreiken von irgendwas durch Drucker und Setzer (?, das ist lange her) für die Redaktionen geht. Weil ich es klasse finde, wie solidarisch und aktionsfähig Drucker noch sind bzw. bis vor kurzem waren.
Aber ich weiß auch, wie oft wir vergeblich … zuletzt vor wenigen Jahren, als die Redakteure – auch die der WAZ-Gruppe – draußen standen, um den „Mantel“ zu retten … gebeten haben, doch dafür zu sorgen, dass die Ersatzproduktionen nicht zu üppig werden. Ihr streikt ja auch nicht für uns, kam aus dem Druckersaal zurück. Alles hat also seine Grenzen…
… und ist Schnee von gestern. Wir Normal-Journalisten können leider nicht mehr das Erscheinen von Zeitungen verhindern. Das ist Fakt. Selbst bei Drucker-Streiks erscheinen ja Zeitungen. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen und uns darauf einstellen.
Die Streikbereitschaft mancher Redakteurinnen und Redakteure ist sicher kein Ruhmesblatt, ich weiß. Etwas allergisch reagiere ich nur auf die Behauptung, der Volo-Tarifvertrag sei damals von Druckern erstreikt worden. Die haben hier und da zeitweise geholfen, das stimmt und vielen Dank. Aber damals standen wirklich zigtausend Journalist(inn)en viele Tage am Stück draußen. Nimm‘ uns nicht auch noch diesen Erfolg … ;o)
@ver.di-Mitglied
>Wer will denn heute überhaupt noch BR werden?
Da kommen mir aber die Tränen.
Wenn ich dieses Runde überstehe, trete ich an.
Ist doch prima: Kündigungsschutz und immer einen auf wichig machen. Gern auch vertraulich. Oder wie war das z.B. mit Herrn Peters hier, der uns anmachte, wir sollten man ruhiger werden, die BR hätten alles vertraulich im Griff.
Im Griff? Es siehtso aus, als ob sie ihren Job nicht richtig gemacht haben. Die ganze Zeit ist vertrödelt worden und sie haben sich einlullen lassen.
@ „ver.di-Mitglied“ !
.
Viele von uns, denn selbst in Untätigkeit kommunizieren wir, hätten den Betriebsrat gern unterstüzt. Es gab die Bereitschaft zu streiken, zu Aktionen. Das war nicht gewollt. Vielmehr suchte man die interne Kommunikation zu (sicherlich willkommenen) Gutachtern und verzichtete auf die Kommunikation in die eigenen Reihen. Zu vermissen sind auch klare Worte und (kämpferische) Ansagen. Denn genau zu diesem Zweck, deutlich nachdrücklich für uns einzustehen, haben sie Unkündbarkeit gekoppelt an ihr Mandat.
.
Jetzt, nach dahinverschleppten Monaten, eine PK. Wenn das schon die Kampfansage war, braucht sie dies zur Überschrift!
@ krokoträne
Endlich mal kämpferischer BR-Nachwuchs, für die Wahl 2010. Endlich mal einer, der nicht an sich denkt, sondern den Chefs die Meinung geigt und alles Böse verhindert.
Aber Ironie beiseite …
Erstens: Es gibt keinen Kündigungsschutz für Betriebsräte, sondern nur ein zeitlich befristetes Kündigungsausspruchsverbot. Für die heutigen Betriebsräte gilt: Spätestens im Frühjahr 2011 sind sie wieder so vogelfrei wie wir alle. Und vorher können sie auch (gerade in Tendenzbetrieben) bei Wegfall ihres Arbeitsplatzes oder Fehlern im Job bzw. als BR gefeuert oder zumindest mürbe gemobbt oder rausgekauft werden …
Zweitens: Die Betriebsräte sind, ob sie wollen oder nicht, verpflichtet, die Pläne von Hombach & Co zu verhandeln. Sie können und dürfen sich nicht komplett verweigern; sonst nehmen sie den Kolleg(inn)en alle Rechte. Unternehmer dürfen in diesem Staat ungestraft falsche und gefährliche Entscheidungen treffen. Betriebsräte haben leider nicht die Macht bzw. das Recht, dies zu verhindern.
Drittens: Du wirst Dich nicht darum reißen, Betriebsrat zu werden. Leider wollen zu viele Kolleg(inn)en, dass ihnen a) die Betriebsräte und b) die Gewerkschaften stets die Kastanien aus dem Feuer holen, selbst aber in Deckung bleiben. Es gibt Anfeindungen von allen Seiten und meist (gerade jetzt immens) viel Arbeit, die häufig neben dem Job zu erledigen ist. Kein Zuckerschlecken, zwischen allen Stühlen, dauerkritisiert von so Leuten wie Dir. Und in der Regel heißt es: Edeka … Ende der Karriere. Von sehr sehr seltenen Ausnahmen mal abgesehen … ;o)
.
Ich fürchte auch, dass es immer schwerer wird, Kandidat(inn)en für die nächsten Betriebsräte zu finden. Obwohl hier in diesem Blog ja Dutzende sind, die es besser machen würden.
Vorschlag: Am Montag besprecht ihr in eurer Redaktion, dass ihr streiken wollt – um eure Zeitung, die Meinungsvielfalt und euren Job zu retten. Ihr einigt euch und fahrt zur nächsten Redaktion. Da überredet ihr eure Kollegen und fahrt weiter. Am Ende fahrt ihr zur Konzernzentrale in Essen und sagt gemeinsam NEIN. Zu den ganzen bescheuerten Plänen.
Glaubt ihr wirklich, ihr würdet alle gekündigt deswegen?
Für die bevorstehenden Warnstreiks haben wir mit den Betriebsräten eine verbindliche Regelungsabrede getroffen. Vereinbart haben sind Montag, Mittwoch und Freitag, jeweils sozialverträglich morgens von 5 Uhr bis 7 Uhr.
.
Sie dürfen die Aktionen gern mit Abschiedsfeiern für die ausscheidenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbinden. Voraussetzung ist selbstverständlich, dass die Produktionssicherheit gewährleistet ist.
.
Es grüßt Sie mit einem herzlichen „Mahlzeit!“,
H.B.
Für die bevorstehenden Warnstreiks haben wir mit den Betriebsräten eine verbindliche Regelungsabrede getroffen. Vereinbart sind Dienstag und Donnerstag, jeweils sozialverträglich morgens von 5 Uhr bis 7 Uhr. Die Uhrzeiten sind einzuhalten. Für Anfragen an die Betriebsräte halten Sie bitte den Dienstweg über die Geschäftsführung ein.
.
Sie dürfen die Aktionen gern mit Abschiedsfeiern für die ausscheidenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbinden. Voraussetzung ist selbstverständlich, dass die Produktionssicherheit gewährleistet ist.
.
Es grüßt Sie mit einem herzlichen „Mahlzeit!“,
H.B.
Bemerkenswert ist das Medienecho auf die PK der Betriebsräte. Außer taz nix los? vielleicht ist das die Zeitung, die ich demnächst abonniere.
Bemerkenswerter ist die späte Einsicht der Betriebsräte – denen ich besten Willen und viel Einsatz nicht absprechen werde.
Am bemerkenswertesten ist Rolle des WDR als Geschäftspartner der WAZ und zugleich als Berichterstatter. Ob es hier Absprachen zuungunsten des freien. öffentlich-rechtlichen Journalismus gibt? Vieles spricht dafür. Man sollte die Indizien sammeln und in diesem Blog oder an anderer Stelle auswerten. Vielleicht entpuppt sich ja die Anstalt als Zensurbehörde in eigener Sachen?
@ weepee
Zumindest in der Lokalzeit Ruhr gab es einen WDR-Beitrag zur PK der Betriebsräte. Und sogar DerWesten berichtete:
http://www.derwesten.de/nachrichten/im-westen/2009/2/20/news-112047541/detail.html
@ Hodo Bombach
5 bis 7 Uhr? Da können die Warnstreikenden doch auch gleich ein paar Zeitungen austragen, oder?
@ fiftyruhr:
.
Wie aus zahlreichen Veröffentlichungen in fremden Medien bekannt, müssen wir ökonomische Notwendigkeit und soziale Verantwortung ausgleichen. Wir greifen deshalb auch diesen interessanten und konstruktiven Vorschlag, um der Zukunftsfähigkeit unseres Unternehmens willen Kosten zu sparen, gerne auf. Um weitere Synergien zu heben, erhalten die streikenden Redakteurinnen und Redakteure also versuchsweise für einen befristeten Zeitraum die Erlaubnis, unsere Produkte den Lesern selbst zuzustellen. Um ihnen diese ungewohnte Arbeit zu erleichtern, haben wir ebenfalls versuchsweise für die betreffenden Tage Kürzungen der Seitenkontingente auf zwölf Seiten, teilweise auf acht und vier Seiten vorgesehen.
.
Auch das Angebot, die streikenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ungefülltem Streuselkuchen und Kaffee zu versorgen, um sie bereits auf die anstehenden Feiern zum Redaktionssterben einzustimmen, greifen wir gerne auf. Da unser Haus zurzeit ein Kosten- und Ergebnis-Problem hat, möchten wir sie aber bitten, Kuchen und Kaffee selbst zu finanzieren. Unser Haus stellt aber sozialverträglich je Streiklokal zehn Würfel Zucker zur Verfügung.
Es grüßt Sie mit einem herzlichen „Mahlzeit!“
H.B.
Insgeheim scheint die Geschäftsführung doch sehr verunsichert da sie die Bombendrohung im Druckhaus Essen am Abend des 19.2 anderntags den Lesern der WAZ/NRZ als technisches Problem verkauft haben
Mein Gott, welcher Irrsinn geht denn da ab? Verliert da jemand völlig die Kontrolle? Das ist doch krank.
@ krokoträne: Du lebst in einer falschen Welt! Stell dich zur nächsten BR-Wahl, wenn es noch eine gibt!!! Nicht mucken sondern besser machen! Mal schauen ob wir dich in der ersten Reihe sehen.
hier ein dju Pressemitteilung zum Thema
dju in ver.di:
WAZ – unglaubwürdiges Sparkonzept
„Wer zuerst die Zahlen für den geplanten Stellenabbau festlegt und dann erst an Konzepten für neue Strukturen in reduzierten Redaktionen arbeiten will, macht sich unglaubwürdig, wenn er vorgibt, das im Zeichen der Qualität von Produkt und Arbeit zu tun,“ erklärte der stellvertr. ver.di-Vorsitzende Frank Werneke heute anlässlich der neuesten Zahlen geplanter Personalstreichungen im WAZ-Konzern.
Wenn man bei regionalen Zeitungen das wegradiert und zusammenstreicht, was ihre besondere Stärke ausmacht – die regionale und lokale und die mit viel Erfahrung verknüpfte journalistische Kompetenz – , gefährdet das die Existenz dieser Zeitungen und ihrer Beschäftigten.
In einer Pressekonferenz haben heute (20.2.09) die Betriebsräte der vier von Stellenabbau und Schließungen von Lokalredaktionen betroffenen Titel WAZ, WR, WP, NRZ deutlich gemacht, dass diese Pläne kein Qualitäts-, sondern ein pures Sparkonzept der Geschäftsleitung sind, an dem sie in keiner Weise beteiligt waren. Von ihren Überlegungen sei nichts in diese Planung eingegangen, das sie vertreten könnten.
Wird ein Warnstreik die Herrschaften denn beeindrucken? Die haben sich schon so weit aus dem Fenster gelegt, dass sie kaum noch zurück können. Wenn sie trotz Warnstreik weitermachen, was dann? Unbefristeten Streik? Wer macht den mit in dieser Situation, außer denen, die die Kündigung erwarten?
Da wir alle die Kündigung erwarten dürfen, @Herbert F., hoffe ich, dass es viele sind. Aber noch ist es ja nicht so weit.
–
Dass die Betriebsräte in meinen Augen Fehler gemacht haben und nicht sofort eine härtere Tour gegangen sind, hatte ich mehrfach erwähnt. Das machen wir jetzt aber nicht mehr rückgängig. Ich bin sicher, dass sie im guten Glauben gehandelt haben, als Verhandlungspartner ernst genommen worden zu sein. Nun sind wir alle klüger.
–
Noch ist keine betriebsbedingte Kündigung herausgegangen. Das gilt es jetzt zu verhindern. Auch wenn die NRW-Titel mit dem neuen Konzept langfristig auf Schiffbruch hinsteuern – das muss die GGF verantworten. Den Umbau und die Redaktionsschließungen halten wir nicht mehr auf. Kündigungen möglicherweise schon.
–
In einem anderen Thread hat jemand gefragt, wohin dann mit den vielen Redakteur(inn)en. Erstens ist der Redaktionsschlüssel „soundso viele MAK pro Redaktion“ kein Evangelium. Zweitens – wenn viele oder alle Kolleg(inn)en ihre Stellen auf 80 oder 90% reduzieren, werden Stellen eingespart, ohne dass jemand gehen muss. Das tut weh, ist aber zu verschmerzen, und bringt mehr Leute unter als Stellen vorhanden sind. Wir wollen drittens auf den Betriebsversammlungen wissen, wie viele Stellen wir selbst durch Altersteilzeit, vorzeitiges Ausscheiden und Stellenreduzierung eingespart haben – das ist unser Anteil am Sparkonzept. Dann wollen wir sehen, wieviel an der Zahl 330 noch fehlt. Und dann sehen wir weiter – wie auch immer.
hier noch ein paar aktuelle Berichte von der Pressekonferenz, ohne Anspruch auf Vollständigkeit
http://www.sueddeutsche.de/054384/406/2765110/Streich-Orchester.html
http://www.derwesten.de/nachrichten/nachrichten/im-westen/2009/2/20/news-112047541/detail.html
http://www.dwdl.de/article/story_19837,00.html
http://satundkabel.magnus.de/wirtschaft/artikel/waz-betriebsraete-kritisieren-geplanten-kahlschlag-in-lokalredaktionen.html
ciao, Sven
Servus, Winterberger, wie ich an Deiner Äußerung sehe, ist es mit Deinem Freigang schon sehr spät geworden. Jetzt wird es Zeit für Dich, dass Du den Weg zu Deinem Therapeuten auf die Couch findest und Dein Trauma endlich zur Ruhe kommt.
@tippse
„Wir wollen drittens auf den Betriebsversammlungen wissen, wie viele Stellen wir selbst durch Altersteilzeit, vorzeitiges Ausscheiden und Stellenreduzierung eingespart haben – das ist unser Anteil am Sparkonzept.“
Ihr wollt also erst auf Betriebsversammlungen „wissen wollen“, was ihr selbst durch Passivität, Brechung von BetrVG-Bestimmungen und Belügung der Arbeitnehmer mittels Zurückhaltens von Informationen, die die Beschäftigten frühzeitig über den Kurs der GF informieren hätten können, verbockt habt? Respekt vor so viel Chuzpe.
An porschekiller: Findest du diese Äußerungen wirklich richtig? Du bist nicht bei den Verhandlungen und Gesprächen dabei (ich übrigens auch nicht). In der Situation hat der BR genau so schlaflose Nächte wie ein „porschekiller“ oder eine „tippse“. Es werden jetzt die letzten friedlichen Chancen versucht – danach heißt es doch: „Stell dir vor es ist Redaktionskonferenz und keiner geht hin!“ Bei betriebsbedingten Kündigungen trifft es nicht unbedingt die Kolleginnen und Kollegen der zu schließenden Redaktionen, sondern es kann jeden von uns treffen!
@porschekiller: Ja, danke, Chuzpe habe ich, sonst wäre ich nicht hier, aber ich verstehe deine Vorwürfe nicht – wo hätte ich je einen Arbeitnehmer belogen, Informationen zurückgehalten oder BetrVG-Bestimmungen gebrochen? Und was die Passivität angeht: Für Aktivitäten braucht es mehr als eine tippse. Aber die ist dann mit dabei, und sicher nicht in der letzten Reihe.
–
@ver.di-Mitglied: So ist es. Erst verhandeln, dann die Keule schwingen. Es muss dann natürlich auch eine da sein. Ich denke, die Gewerkschaften sollten nun mal langsam den „Waffenschrank“ aufmachen und zeigen, was wir außer freundlichen Verhandlungen noch im Arsenal haben.
@tippse „was wir außer freundlichen Verhandlungen noch im Arsenal haben“
Versprich Dir ‚mal davon nicht den ganz großen Überraschungseffekt. Bodo Hombach war (unter anderem) lang genug Vorsitzender einer großen Gewerkschaft, um den Waffenschrank sehr genau zu kennen. Er wird also exakt einkalkulieren, was geschieht. Die Gewerkschaften könnten keinen strategisch und sachlich erfahreneren Gegner haben.
…zu schnell gewesen. Hombach war natürlich nicht Vorsitzender, sondern Landesgeschäftsführer.
@Klaus: Das stimmt, ist aber zum Glück lange her. Dass er Leute auf einer BV einwickeln kann, haben wir ja schon erlebt. Aber zum Glück kennt er nicht alle Strategien, die sich nach seinem Weggang entwickelt haben. Und er weiß, dass diejenigen, die er kennt, auch Wirkung zeigen können. Die Frage ist: Wollen wir für unsere Jobs kämpfen, oder mit der weißen Fahne „bittebitte“ bei Reitz & Co. sagen?
hier noch ein aktuelles Interview aus der Süddeutschen Zeitung mit Ulrich Reitz
http://www.sueddeutsche.de/257385/358/2769784/Die-Zeitung-hat-das-Zeug-zum-Kultobjekt.html
ciao, Sven
@tippse „ist aber zum Glück lange her“.
.
Ja und? Richtig ist aber leider auch, dass Hombach, selbst ein ungewöhnlich geschickter Stratege, in einem seiner Chefredakteure jetzt einen ebenso ungewöhnlich geschickten und höchst erfahrenen Gewerkschaftsboss an seiner Seite hat. Ausgerechnet den Boss einer der beiden Gewerkschaften, auf die es im Arbeitskampf auf Gedeih und Verderb ankäme! Vereinfacht gesagt: Euer eigener Boss sitzt bei Hombach am Tisch. Schlimmer geht’s nimmer. Damit sinken die Chancen auf Erfolg gegen Null.
.
Die GGF haben sich also schon zu einem Zeitpunkt geschickt und wirksam gegen eventuelle „Kämpfer“ gewappnet, als die sich noch von den allzu kooperationsbereiten Betriebsräten haben einlullen lassen. Ein schönes Beispiel für das hervorragende strategische Geschick des Mannes, der Schröders Wahlkampf gegen Kohl gewonnen hat.
An Herbert F.: Wer weiß denn schon ob er gekündigt wird? Wir sind leider nur gemeinsam stark! Die Situation ist für alle schlecht! Egal wo ich beschäftigt war, ich habe bei jedem Streik mitgemacht!
Es gibt leider eine ganze Reihe von Leuten, die sich berechtigte Hoffnungen machen dürfen, dass sie NICHT gekündigt werden. Motto: Dran sind erst einmal die aus den Redaktionen, die dicht gemacht werden. Das klingt auch logisch, weil dort Planstellen entfallen.
.
Außerdem hat der Arbeitgeber, wie jemand weiter oben schon schrieb, die Möglichkeit, einen bestimmten Prozentsatz auszunehmen. Lord Voldemort wird in persönlichen Gesprächen nicht mit Zusagen geizen. Zum Thema der fehlenden Solidarität habt ihr ja hier treffliche Darstellungen abgegeben.
.
Ich habe übrigens auch in über 25 Jahren bei jedem Streik mitgemacht. Aber dieses Mal ist die Kiste völlig verfahren, weil viel zu lange gepennt wurde. Und, leider, der dju-Chef als Chefredakteur und damit Vertrauter der Geschäftsführung ist, selbst wenn er persönlich sicher integer ist, alles andere als eine vertrauensbildende Maßnahme. Eine solche Konstellation gab es bei keinem einzigen früheren Arbeitskampf. Sie wird sich als Eisenkugel am Bein der Gewerkschaften erweisen.
@verdamp lang her: Da hab`ich einiges nicht verstanden und Verständnisbedarf. Wenn Hombach einen Chefredakteur an seiner Seite hat, dann doch wohl Reitz. Was hat der mit der Gewerkschaft zu tun. Hier wieder über die Rolle von Malte Hinz zu räsonieren und darüber irgendwelche konstruierten Annahmen hineinzuspekulieren (‚Euer eigener Boss sitzt bei Hombach am Tisch. Damit sinken die Chancen auf Erfolg gegen Null‘), bringt das hier jetzt weiter? Darüber ist vor zwei Monaten bereits hin und her diskutiert worden, ohne dass eine Kameraderie zwischen Hinz und Hombach festgemacht worden wäre. Es ist mir auch neu, dass Hombach über ‚hervorragendes strategisches Geschick‘ verfügt und Schröder den Wahlkampf gegen Kohl gewonnen haben soll. Was sollen diese Ablenkungen angesichts der akuten und existenziellen Arbeitsplatzprobleme, die auf viele Kolleg-inn-en zukommen, um die es hier geht. Als Hombach in den 80ziger Jahren Landesgeschäftsführer der SPD war, wurde er in Düsseldorf selbst von Spiegel- und SZ-Kollegen als organisationspolitisches Wunderkind hochgelobt, der Rau die Landtagswahlkämpfe erfolgreich bestritten habe. Ohne den Menschenfischer Rau hätte Hombach an den Wahlabenden ganz anders dagestanden. Dieser GGF hat eine Karriereentwicklung genommen, weil er die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit gehabt hat. Das wars dann wohl auch mit dem großen strategischen Geschick. Oder wie kommt es, dass Hombach in über sieben Jahren als GF in der Gruppe keine nennenswerte und wirksame Umstrukturierung zustande gebracht, die die Zeitungsverlage weit weniger getroffen hätte, als der Kahlschlag, der jetzt bevorsteht. Die Auflagenentwicklung und die Schwachstellen in der Gruppe sind vielen, die nicht dem gehobenen Management in der Gruppe angehören, seit Jahren bekannt gewesen. Ein GF, der sich dieser Entwicklung nicht stellt, die er zuallererst mit einigen anderen im oberen Management zu verantworten hat, der sollte seine Koffer packen und einräumen, dass er der Aufgabe als GGF nicht gewachsen gewesen ist.
So liegen die Dinge. Sein Kompagnon bewegt sich ja – zeitbedingt – noch in der Probezeit.
Was noch zu erwähnen bleibt: Man muss sich nur die Personalpolitik ansehen, die seit dem Hombach-Eintritt in die WAZ-Gruppe im Januar 2002 in den Leitungsetagen stattgefunden hat. Die Elaborate, die der Medienmanager B. H. auf Verlegerkongressen vorgetragen hat, wollen wir dem Fachpublikum hier nicht nochmal ausbreiten.
Unverzagt, ich stimme mit dir in vielem überein. Insbesondere finde ich die Laudatio auf Bodo Hombach an dieser Stelle reichlich merkwürdig.
.
In einem Punkt muss ich dir aber strikt widersprechen. Dein Kommentar liest sich so, als ob die Diskussion um Herrn Hinz als CR und dju-Vorsitzender in Personalunion abgeschlossen und fortan überflüssig wäre. Das halte ich, jenseits aller Häme und persönlichen Angriffen auf einen m.E. ausgezeichneten Gewerkschafter, für einen großen Irrtum.
.
Wie ich bereits sagte, halte ich Herrn Hinz persönlich für völlig integer. Tatsächlich gibt es keinen Grund, etwas anderes anzunehmen. Trotzdem: Die Formulierung mag flapsig gewählt sein, aber selbstverständlich sitzt er bei Bodo Hombach am Tisch. Es ist schließlich nicht anzunehmen, dass die Herren bei ihren Konferenzen stehen.
.
Vor allem ist Herr Hinz an Weisungen des Verlags gebunden, und zwar auch und gerade während eines Arbeitskampfes. Es ist nicht anzunehmen, dass die Verlagsspitze ihn während solcher Aktionen gnädig beurlaubt. Er wird also vielmehr, das kann als sicher gelten, während eines Arbeitskampfes durch Verlagsweisung gewzungen werden, die „Produktionssicherheit“ zu gewährleisten. Mit anderen Worten: Er muss, wider seine allseits bekannte Überzeugung und im völligen Widerspruch zu seiner Funktion als dju-Chef, Kolleginnen und Kollegen der WR zum Streikbruch anhalten. Streikbruch aber ist ein Vertrauensbruch, daran beißt die Maus keinen Faden ab. Ihr werdet nicht die Streikbrecher kritisieren können, nicht aber den, der den Streikbruch organisiert.
.
Ob es glaubwürdig wirkt, wenn Her Hinz dann quasi nach Feierabend wieder in die Rolle des Gewerkschaftschefs schlüpft und eben dieses Verhalten, zu dem er zuvor gezwungen sein wird, scharf kritisiert, darf stark bezweifelt werden. Bisher funktionierte diese seltene Janusköpfigkeit zwar ganz gut, aber die Belastungsprobe steht erst bevor. Es kann Herrn Hinz beim besten Willen und bei höchsten rhetorischen Qualitäten kaum gelingen, in einem Arbeitskampf das Vertrauen der Streikenden zu erhalten und zugleich das Vertrauen der Geschäftsführung zu behalten. Zu weit lägen diese Pole dann auseinander.
.
Um diesen Spagat, den er im Fall eines Streiks vollziehen muss, ist der Kollege Chefredakteur nicht zu beneiden. Was Gewerkschaft einerseits und Verlagsspitze andererseits von diesem Mann erwarten, grenzt an Schizophrenie. Das lässt mich zur Vermutung gelangen, dass Herr Hinz einen Arbeitskampf (der logischerweise nicht im Verlagsinteresse liegt) so lange wie möglich vermeiden wird (was logischerweise nicht im Gewerkschaftsinteresse liegt). Dies ist es, was ich mit „Eisenkugel“ meinte.
@Gerd N.: Volle Zustimmung. Es ist in der Tat ein logistisches „Meisterstück“ der GGF gewesen, den Gewerkschaftschef zum CR zu machen. Jetzt werden wir bald sehen, ob „einer von uns“ CR geworden ist, wie das am 5. Dezember vollmundig von der Gewerkschaft nebst Gratulation verkündet wurde, oder ob jemand die Fahne gewechselt hat und nun versucht, seine Gewerkschaft „ruhig zu stellen“ (ich unterstelle und hoffe das nicht). In dem Fall gäbe es ja auch noch eine andere Journalistengewerkschaft. Richtig stark allerdings sind wir im Konfliktfall nur, wenn beide mitziehen.
–
Wir sollten allerdings auch bedenken, dass CR der WR oder NRZ nicht mehr so viel bedeutet wie früher. CR von wieviel Leuten? Mit welcher Kompetenz? Der einzige CR mit nahezu unbeschränkter Machtfülle ist der CR der künftigen Mega-WAZ.
@Zu Gerd N. und tippse: Neurologe bin ich nicht, aber um in die Gefahr schizophrenen Verhaltens zu geraten, müssen schon andere Prozesse ablaufen, als sich in einer Doppelrolle als CR und dju-Chef zu bewegen. Sicher ist das ein schwieriger Spagat und eine Gratwanderung, auf die sich Hinz eingelassen hat. Wie das abläuft, hat immer auch mit der Statur der handelnden Person zu tun, die durchaus stark genug sein kann und auch gegenüber einer Verlagsleitung nicht einknicken muss, um in beiden Rollen auftreten zu können. Eure Bedenken teile ich so nicht. Denn, die dju-Rolle in der CR-Funktion wird überschätzt. Und was bringt es in der aktuellen Situation, nicht reale Streiksituationen herbei zu konstruieren und Gedankenmodelle anzustellen, wie sich ein CR dann verhält, verhalten kann oder sollte.
Was wären Eure konkreten personellen Alternativen für eine Neubesetzung in der WR-CR in der gegebenen Situation gewesen? Ein ‚Meisterstück‘ von Hombach kann ich in der Besetzung nicht sehen. Welche anderen Möglichkeiten hätte er in dieser Situation denn noch gehabt? Irgendjemand von außen holen, der den Laden eh‘ nicht kennt, oder wie Reitz einen weiteren Kahlschlagsvollstrecker anzustellen? Seine Personalpolitik ist ohnehin schon schlimm genug gewesen. Die dogmatische Position, beides, CR und DJU-Vorsitz, sei grundsätzlich unvereinbar, teile ich nicht. Allerdings, um diese in der jetzigen Situation wirklich nicht entscheidende, von einigen dju-lern vorgeschobene Debatte zu beenden, bin auch ich davon ausgegangen, dass Hinz, wenn nicht sofort, nach einer Übergangszeit den dju-Vorsitz abgibt. Die Baustellen bei WAZ und WR sind groß genug.
Das entscheidende Problem, um das es hier aber doch geht, ist nicht Hinz und seine Doppelrolle, sondern wie kann der Kahlschlag noch soweit abgeschwächt werden, wenn er nicht mehr weitreichender zu verhindern ist, dass er für die Arbeitsplatzbetroffenen noch einigermaßen sozial verträglich abgefedert wird und noch möglichst viele Arbeitsplätze erhalten werden. Mit Streiks das ganze aufzuhalten, ist – so ernüchternd das auch sein mag – mehr als unrealistisch. Dass Hombach und Reitz sich hinstellen und vollmundig tönen: „Wir stellen jetzt die Weichen dafür, dass wir gestärkt aus der Krise hervorgehen“ (Hombach), und mit dem Kahlschlag auf „Qualitätsjournalismus“ gesetzt werde (Reitz heute in der SZ), zeigt, dass sie, was in diesem Blog bereits vielfach angesprochen wurde, nicht mal verstanden haben, dass mit diesem Kahlschlag die Zeitungsgruppe nachhaltig geschwächt und die Auflage in der Fläche des WAZ-Gruppenverbreitungsgebietes noch sehr viel stärker als bisher wegbrechen wird.
Was ist von einer GGF, GL- und Management-Ebene zu halten, die nicht mal die Strukturen in ihren eigenen Betrieben kennt und sich Hilfe bei einem Beratungsunternehmen holen muss, das diese Strukturen mit allen seinen Verästelungen nicht ausreichend kennen kann. Das ist die gesammelte Bankrotterklärung einer Unternehmensführung. Wann zieht die ihre Konsequenzen?
Sicher, es ist eine schwierige Lage. Aber manchmal macht der Job doch Spaß. Zum Beispiel gestern habe ich mich beim Zug so richtig vollaufen lassen und dann schön was in den Rechner reingerotzt. Und danach direkt wieder raus zum Feiern. War das schön.
Ich habe eine Idee: wir könnten ja auch mal streiken. Oder einfach alle morgen nicht zur Arbeit kommen. Das wird ein schöner Aschermittwoch.
Oder wir machen was ins Internet. Ganz groß auf der Seite 1 eine Schlagzeile. Zum Beispiel „Ab heute ist es aber Schluss mit lustig hier!“
Man muss den Lesern doch mal sagen, was Sache ist. Wir sind doch wichtig. Für das Land, Europa und die ganze Welt. Wer soll den später mal die Pressemitteilungen aus dem Rathaus umschreiben? Unsere Enkel etwa!? Ts, die sind doch alle ausgewandert dann nach Ostdeutschland, wo es noch richtig was zu tun gibt (Spargel ernten, Wohnungen putzen usw.).
Es gibt nur eine Lösung und die heißt Burger-Journalismus. Das bedeutet: jeden Tag einen schönen Artikel über MacDonelds oder supway drin in der Zeitung und schon haben wir wenigsten jeden Tag etwas Warmes zu essen. Und unsere Frauen und Kinder kriegen bestimmt Rabatt da bei denen. Unsere Betriebsräte schaffen das schon.
Ich bin zuversichtlich.
Und das findest Du originell? Du brauchst dringend Hilfe.
Malte Hinz ist nicht die Gewerkschaft – sondern wir die Mitglieder machen unsere Organisation aus. Maltes Beweggründe zur Übernahme dieses Jobs sind den meisten bekannt, in den Spiegel muss er auf Dauer schauen und seine Arbeit hinterfragen. Eins ist sicher, es wird etwas auf der Strecke bleiben. Wir planen unsere Aktionen ohne ihn, aber mit unseren Betriebsräten!
Okay, lassen wir die CR-dju-Chef-Frage mal beiseite. Die ist auch dann nicht von großer Bedeutung, wenn es nicht zu einem Arbeitskampf kommt. Und danach sieht es tatsächlich nicht aus:
.
In den nächsten Tagen oder Wochen, soviel dürfte klar sein, gehen betriebsbedingte Kündigungen ‚raus, denn die Zielzahlen sind noch längst nicht erreicht. Dann gibt es zwei Möglichkeiten: Die Übriggebliebenen erklären sich mit den Gekündigten solidarisch, legen den Griffel hin und ziehen vor die Tür. Die Verlagsleitung nimmt’s zur Kenntnis, aber von den Kündigungen natürlich keine einzige zurück. Das war es dann aber auch schon, mehr traut sich keiner – wenn überhaupt. Wahrscheinlicher ist, dass alle anderen den Kopf noch tiefer snken und noch mehr in die Tasten hauen, wenn sie das Wort Warnstreik auch nur hören…
.
Der Schwarze Peter liegt letztlich nur bei den Gekündigten. Die anderen werden heilfroh sein, dass der Schuss noch einmal knapp an ihnen vorbei gegangen. Die Gekündigten könnten natürlich noch vor das Arbeitsgericht ziehen, gingen dann aber sogar das Risiko ein, dass das Gericht ihnen eine noch geringere Abfindung zuspricht, als sie nun ohnehin bekommen. Macht also keiner.
.
Aus Sicht der GGF ist die Einschränkung von Presse- und Meinungsvielfalt, all‘ das, was hier im Blog beklagt wird, nun gar kein Problem, sondern es sind im Gegenteil nutzbare „Synergien“. Der Rückzug aus bestimmten Flächen ist auch kein Problem, sondern gewollt. Dort liegen die Renditen unter den Erwartungen oder sogar im Minus, während, und das ist der Kern der ganzen Geschichte, im Ausland richtig Kohle eingesackt wird. Ob es einen Verlag, der in Russland bis zu 32 (!) Zeitungen kaufen will, sonderlich kratzen würde, wenn er im Inland eine, zwei, drei Zeitungen aufgäbe? Von einzelnen Redaktionen und Region ganz zu schweigen.
.
Es spricht einiges dafür, dass dies das langfristige Ziel ist: Im Stammland, in dem Zeitung viel teurer gemacht werden muss und weniger verdient wird als in Osteuropa sowie (demnächst) Vietnam, bleibt nur ein Blatt übrig: die WAZ. Die anderen Blätter sind nur noch Fakes, Hüllen ohne Seele. Irgendwann werden die Namen als Marken vertickt, an Springer oder sonstwen. Auch das wäre aus Sicht unserer „global“ handelnden GGF vermutlich ein großer Erfolg.
.
Es geht denen nicht um Zeitungmachen, sondern um Kohlemachen. Dass wir das immer noch nicht klar sehen, ist einer unserer Fehler. Journalisten sind da etwas betriebsblind. Deshalb gehen unsere Appelle ins Leere. Deshalb ist das, was der oder die Herren in den letzten Jahren abgezogen haben, aus ihrer Sicht kein Missmanagement: Im Ausland verdienen sie ja prima. Dass sie hier eine Beratungsfirma einsetzten, hat nur einen taktischen Grund. So konnten sie ihre längst fixierten Absichten mit Hilfe scheinbar objektiver Daten, scheinbar gesetzmäßiger Maßstäbe (der bekannte Schickler-„Benchmark“) und dem Gesabbel fremder „Experten“ verkaufen, die mit ihren Buzz-Words die Belegschaft in die Lehnen der Kino-Sessel quetschten. Rhetorisch ist das die „Anrufung einer höheren Instanz“.
.
Hoffst du tatsächlich, dass diese Leute „Konsequenzen“ ziehen? Die werden dir ein fröhliches „Nö, wieso denn?“ entgegenhalten.
Es stimmt,@Gerd N., die Beraterfirma hat lediglich die Aufgabe, eine künstliche Realität zu erzeugen, sie pseudowissenschaftlich zu verkaufen, uns mit angeblich objektiven Zahlen zu überrollen und als Watschenmann den Kopf hinzuhalten. Dafür bekommen sie viel Geld.
–
Ich teile aber nicht die Befürchtung, dass es nicht zu Klagen kommen würde, sollte tatsächlich betriebsbedingt gekündigt werden – was wir zu verhindern hoffen. Mal angenommen, es würde mich erwischen – was hätte ich durch eine Klage denn zu verlieren? Bei dem noch recht hohen Organisationsgrad der Redakteur(inn)en der vier Titel kommt der Verlag nicht mit zwei, drei Klagen davon. Das werden 40, 50 oder mehr sein. Sollte es wirklich zu den „schmutzigen“ Kündigungen kommen, was Reitz ja schon seit Wochen vorschwebt, werden es deutlich mehr sein, denn gerade die älteren unter uns sind gewerkschaftlich noch recht stark organisiert.
Ich glaube gar nicht mal an betriebsbedingte Kündigungen. Die sind doch als Drohung und Druckpotenzial für die Herren Hombach & Nienhaus viel wirkungsvoller.
Einmal ausgesprochen, wecken sie den unterdrückten Zorn, machen das soziale Image endgültig kaputt, führen zu einer Klageflut mit in der Öffentlichkeit gewaschener Schmutzwäsche – und würden wohl von jedem Arbeitsgericht zunächst einmal nicht akzeptiert, weil keine ordentliche Sozialauswahl vorliegt. Und die könnte durchaus quer durch alle Titel gehen.
.
Übrigens, weil es ein so schön doofes Argument der Handelnden ist: Kann man nicht auch die Qualität der personell plötzlich ausufernden Geschäftsleitungsebene steigern, indem sie ausgedünnt wird?
@Gerd N.: Deine Einschätzung zur Geschäftspolitik der Gruppe, mit der Konsequenz, dass mit den entsprechenden Synergieeffekten nur noch ein Einheitsblatt, wie von vielen längst befürchtet, übrig bleiben wird, komplementär ergänzt mit einem Rest-Blatt WP, wegen deren besonderer Verbreitungsstruktur im Sauerland, ist kein realitätsfernes Szenario. Der publizistische Anspruch, soweit er überhaupt bei diesen Verlagsminimalisten bestand, wird dabei immer mehr auf der Strecke bleiben. Das stereotype Gerede von Hombach, Reitz und Co. vom ‚Qualitätsjournalismus‘ sind blutleere Worthülsen. ‚Online‘ statt ‚Offline‘, wie im Spiegel-Plausch mit Borchert nachzulesen, und wie mit Miniatur-Designerjournalismus den Lesern die Welt, in der sie leben, zukünftig erklärt wird. Gute Nacht Journalismus, gute Nacht, liebe Leser.
@anonymus
.
Ich weiß nicht bei wievielen Arbeitsgerichtsprozessen du schon warst, aber in der Regel geht es da völlig unspektakulär zu. Du gibst dich besser nicht der Hoffnung hin, da werde schmutzige Wäsche gewaschen, geschweige denn, dass der Verlag Angst davor hätte. Damit kennen die sich aus.
.
Bei der Höhe der vom Verlag angebotenen Abfindungen dürfte sich auch der Schaden fürs soziale Image in Grenzen halten. Erkläre mal einem Opelaner, warum du so viel Geld bekommst und er leider nicht. Der haut dich. Zudem ist die Öffentlichkeit in anderen Medien über Monate auf die angebliche Notwendigkeit der Kündigungen vorbereitet worden. No Problem. Natürlich stimmt die Sozialauswahl nicht. Das ist nichts Besonderes, sondern in solchen Verfahren immer so. Das Ende ist dennoch meistens ein Vergleich.
.
Was du verlieren kannst? Wenn du Pech hast, die Hälfte der vom Verlag angebotenen Abfindung. Das Gericht kann im Urteil die Abfindung selbst festsetzen. Üblich ist dann die Hälfte eines Brutto-Monatsgehaltes je Dienstjahr, weil das auch im Gesetz so vorgesehen ist.