Übt Siegener Zeitung Druck auf Beschäftigte aus?

Dass es nicht nur bei der WAZ-Mediengruppe hakt, wissen die beiden Gewerkschaften schon lange. Der neueste Fall in NRW betrifft die Siegener Zeitung: Die Gewerkschaften haben Hinweise, dass der Verlag Vorländer & Rothmaler GmbH & Co. KG die Kosten um jeden Preis drücken will.

Hier die Pressemitteilung vom 11.11.2009:

Siegener Zeitung übt Druck auf Beschäftigte aus
„Kostensenkung auf dem Rücken der Mitarbeiter“

DJV und ver.di protestieren energisch gegen das Vorgehen der Vorländer & Rothmaler GmbH & Co. KG und ihres Verlegers Wolfgang Rothmaler: Der will die Kosten um jeden Preis drücken und verweigert zugleich weitere Verhandlungen mit den beiden Gewerkschaften. „Hier versucht der Verlag, seine verfehlte Geschäftspolitik auf dem Rücken der Beschäftigten auszutragen“, kritisieren Helmut Dahlmann, Vorsitzender des DJV-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen, und Dr. Frank Biermann, Vorsitzender der dju in ver.di NRW.

DJV und ver.di sind grundsätzlich bereit, in schwierigen Zeiten vernünftige Lösungen zu suchen und haben dies dem Verlag auch angeboten. Eine solche Abweichung vom Tarifvertrag knüpfen beide Gewerkschaften aber grundsätzlich an Voraussetzungen: Die Regelung muss zeitlich befristet sein, zudem muss der Verlag die wirtschaftliche Notwendigkeit belegen.

Im Fall der Siegener Zeitung erwarten die Gewerkschaften außerdem, dass der Verlag sein Sanierungs-Konzept darlegt. Darin soll erläutert werden, wie die strukturellen Probleme bei der Siegener Zeitung auf Dauer gelöst werden können.

Die Geschäftsleitung hat dies abgelehnt und setzt statt dessen überall dort, wo sie nicht einfach vom Tarifvertrag abweichen kann, auf einzelvertragliche Regelungen: Um Gehaltskürzungen um bis zu 10 Prozent durchzusetzen, werden Beschäftigte derzeit aufgefordert, sich individuell auf einen neuen Vertrag mit schlechteren Konditionen einzulassen.

Die Gewerkschaften haben die Beschäftigten aufgefordert sich dem Druck nicht zu beugen. Wie immer in solchen Fällen bieten sie den Gewerkschaftsmitgliedern und dem Betriebsrat Beratung und Unterstützung an.

Nachtrag vom 4.12.2009

Verleger Wolfgang Rothmaler hat dem DJV gegenüber erklärt, dass er keinen „Druck auf die Mitarbeiter ausübe, in Einzelverträge einer Absenkung ihrer Gehälter zuzustimmen“. Allerdings versucht das Haus wohl, die niedrigere Arbeitszeit mit dem Betriebsrat auszuhandeln. Das ist aber – jedenfalls für die Redaktion – rechtswidrig, wie der DJV dem Verleger schriftlich darlegte: Dem Betriebsrat ist es ausdrücklich gesetzlich verboten, etwas per Betriebsvereinbarung zu regeln, das üblicherweise per Tarifvertrag geregelt wird. Eine von den Tarifverträgen abweichende Vereinbarung zu Arbeitszeiten für die Redaktion wäre dementsprechend unzulässig.

10 Antworten zu “Übt Siegener Zeitung Druck auf Beschäftigte aus?”

  1. Keine Panik, liebe SiZ-Kolleginnen und -Kollegen! sagt:

    Die Siegener Zeitung verzeichnete im letzten Jahr (IVW, 3. Quartal) lediglich einen Verlust von 0,99% bei den Abos, im Verkauf nur 0,93%. Eine Verlustrate also, die noch immer deutlich unter dem Branchendurchschnitt liegt!
    Wenn Herr Rothmaler jammert, dann tut er das auf höchstem Niveau. Die Kolleginnen und Kollegen sind gut beraten, sich nicht einschüchtern zu lassen!

  2. […] Presse: Ärger bei der Siegener Zeitung…Medienmoral NRW […]

  3. Brisko sagt:

    auch im Köln/ Bonner Raum tut sich was
    http://www.kress.de/cont/story.php?id=131594

  4. lümmel sagt:

    Der Verleger der Siegener Zeitung hat jetzt seinen Beschäftigten 7,12 Prozent vom aktuellen Gehalt/ dem Lohn abgezogen. Ohne dass er darüber mit den Gewerkschaften oder dem Betriebsrat einen Sanierungstarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen hätte. In einem Flugblatt hat verdi dieses Verhalten als „rechtswidrig“ bezeichnet und die Beschäftigten dazu aufgefordert, sich diese Vorgehensweise nicht gefallen zu lassen und die Beschäftigten ermutigt, auf einer Auszahlung/ Rückzahlung des ausstehenden Gehalts/ Lohnes zu bestehen.

  5. wdrlandesstudiosiegen sagt:

    Siegener Zeitung kürzt Gehälter
    Der Verlag der Siegener Zeitung hat die Löhne und Gehälter seiner rund 500 Beschäftigten um mehr als sieben Prozent gekürzt. Als Grund nannte die Geschäftsführung die schwierige wirtschaftliche Situation des Verlages. Als Ausgleich für die Lohnkürzungen soll die Arbeitszeit um zweieinhalb Stunden pro Woche reduziert werden. Laut Verleger hat der Betriebsrat den Kürzungen zugestimmt. Die Gewerkschaft verdi kritisiert, dass der Verlag mit seinem Vorgehen gegen geltende Tarifverträge verstoße.

  6. Schon das zweite Mal? sagt:

    Hatte die SiZ nicht schon vor einigen Jahren die Gehälter gekürzt, in Form eines „freiwilligen“ Verzichts auf Teile der tariflichen Jahresleistungen? Wieviel macht das denn nun insgesamt aus?

  7. Jonas sagt:

    Der Deal bei der SZ lautet wie folgt: 7,14 Prozent Kürzung des Gehalts. Dafür gibt es 15 Tage zusätzlichen Urlaub. Und es werden
    keine Mitarbeiter entlassen. Im Gegenteil. Während in den meisten Redaktionen Personal abgebaut worden ist, hat die SZ in den letzten Jahren alle Volontäre überommen. Ich finde eine soziale Entscheidung von Redaktion und Verlagsleitung, die bundesweit nicht noch einmal zu finden ist. Alle geben was von ihrem Gehalt, bekommen dafür mehr Freizeit und die jungen Kollegen und Kolleginnen müssen nicht zum Arbeitsamt.

  8. Frieder sagt:

    @Jonas

    Bei der SZ (Süddeutsche Zeitung) oder bei der Siegener Zeitung (SiZ)?

  9. Jonas sagt:

    Bei der Siegener Zeitung

  10. fiftyruhr sagt:

    @Jonas
    Deine Euphorie in allen Ehren. Gehaltsverzicht gegen mehr Freizeit, zumal in ganzen Tagen, ist bei wirtschaftlichen Problemen in der Tat eine faire Sache. Der DJV zum Beispiel bietet ein solches Modell seit Jahren wie Sauerbier an; kein Verlag in Not hat bisher zugriffen.
    Der Grund ist einfach: In Redaktionen gehen Veränderungen an tariflichen Gehältern und Arbeitszeiten, rechtlich und moralisch sauber, nur per Haustarifvertrag. Der Betriebsrat darf das gar nicht vereinbaren.
    In einem Haustarif ist dann, als Gegenleistung für das Zugeständnis der redaktionellen Mitarbeiter(inn)en, Kündigungsschutz formal festgeschrieben. Alerdings müsste der Verlag in geeigneter Form beweisen, dass er wirklich notgedrungen zu Tarifkürzungen greift … und nicht etwa nur, um bestimmte Renditen zu erhalten.
    Verleger lassen sich aber nicht in die Kassen schauen. Einen Haustarif möchte (ja auch) der SiZ-Verleger nicht. Er regelt den Gehaltsabbau mit seinen Redakteurinnen und Redakteuren lieber per Einzelvertrag. Die Kolleg(inn)en der Siegener Zeitung haben also für weitere Tarifnähe und Kündigungsschutz nur sein nicht einmal einklagbares Wort.
    Ich drücke Dir und den anderen, die dem Verleger vertrauen, die Daumen, dass es gut geht.