Erneutes Drehen an der Kostenschraube: Minus 20 Prozent

Wieder Unruhe bei der WAZ-Gruppe: Weil die Erlöse bei den Anzeigen, aber auch bei den Verkäufen dramatisch wegbrechen und das Haus wohl auch wenig Hoffnung auf Besserung hat, will die Geschäftsführung erneut an der Kostenschraube drehen. Minus 20 Prozent „über alle Bereiche“ bis zum Jahr 2014 sollen es in den deutschen Unternehmensteilen werden, wusste die Gerüchteküche schon am Wochenende – erneute (nicht näher definierte) „Strukturänderungen“ inklusive. Und das Ganze, weil es um Ergebniserwartungen im Deutschlandgeschäft gehen soll, die im dreistelligen Millionenbereich liegen.

Die erneuten Sparvorgaben wurden im Grundsatz bei einer Betriebsversammlung der WAZ am 18. September in Essen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch so mitgeteilt. Inzwischen hat auch die Chefredaktion der Westfälischen Rundschau in einer Mail über die Pläne informiert. Betroffen seien alle deutschen Bestandteile der WAZ-Gruppe – „unabhängig von ihrer aktuellen Ergebnis- und Renditesituation“.

„Das Ziel ist, die Kostenbasis um 20 Prozent abzusenken“, bestätigt Unternehmenssprecherin Simone Bellingröhr auf Anfrage. Die Geschäftsführung der WAZ-Mediengruppe führe „mit den Top-Führungskräften in einem üblichen unternehmerischen Prozess eine Analyse über die Kostenbasis für das Jahr 2014 durch“. Dabei würden jetzt „in den einzelnen Bereichen Kostensenkungspotenziale identifiziert und diskutiert“. Entschieden würde aber am Ende des Planungsprozesses, nicht am Anfang.

Wie Bellingröhr bestätigt, wurde ein internes Schreiben „im Rahmen einer offenen und transparenten Kommunikation an eine kleine Gruppe von Führungskräften verschickt“. Es habe dazu motivieren sollen, „im jeweils eigenen Bereich die Potenziale zur Kostensenkung zu identifizieren, statt immer auf andere Bereiche zu verweisen. Die Informationen darin waren nicht zur Veröffentlichung bestimmt und eventuell missverständlich formuliert“, räumt die Unternehmenssprecherin ein.

Die Chefredaktionen der NRW-Titel sind nun aufgefordert zu überlegen, wie das Sparziel in ihren Bereichen zu erreichen ist. Zu beneiden sind die Kollegen nicht – nach dem Schickler-Prozess dürfte es vor allem unter journalistischen Gesichtspunkten unmöglich sein, noch mal ein Fünftel der Kosten „rauszuholen“.

Nicht nur die ungewöhnlich scharfe Sparvorgabe sorgt für Unruhe, auch der Zeitpunkt der Maßnahmen verwundert. Im Rahmen der so genannten „lokalen Initiative“ befinden sich die Ruhrgebietstitel der WAZ-Mediengruppen gerade mitten in einer weitreichenden Umstrukturierung, die viel von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verlangt. Auch die anderen Unternehmensbereiche fühlen sich mehr als gebeutelt, wie hier auf Medienmoral nachzulesen ist. Da ist eine weitere Verunsicherung der Beschäftigten nicht gerade hilfreich.

315 Antworten zu “Erneutes Drehen an der Kostenschraube: Minus 20 Prozent”

  1. Medienmoral sagt:

    Danke, @Redaktor, für den Hinweis. Jetzt läuft es aber auch wieder, wie es soll.

  2. Zeitungsfan sagt:

    Den Satz im Weihnachtsgruß von Malte Hinz, dass ihm „– und dies gilt für die gesamte Chefredaktion der WR – keinerlei Entscheidung der Unternehmensleitung oder der Gesellschafter bekannt ist, die die Existenz der Westfälischen Rundschau insgesamt in Frage stellt!“ muss man sich aber auch auf der Zunge zergehen lassen.
    Entscheidung nicht, aber vielleicht gibt es Überlegungen?
    Und der Hinweis, dass eine Entscheidung der WR-Chefetage nicht bekannt ist, lässt auch tief blicken. Soll es doch heißen: Entschieden wird allein in Essen. Normalerweise sollten die Dortmunder doch in wichtige Entscheidungen einbezogen sein, oder nicht?
    Aber das Hinz vom erfolgreichsten WR-Jahr spricht angesichtgs massiver Auflagenverluste, lässt ja auch nur noch auf einen massiven Realitätsverlust schließen. Schade um die betroffenen Kollegen.

  3. briefleser sagt:

    @zeitungsfan. Nein, keine Bange Zeitungsfan, die massiven Auflagenverluste sind natürlich auch der Chefredaktion der WR nicht entgangen, die Aussage mit dem erfolgreichsten Jahr der WR bezog sich nur auf das Einwerben von Abos im Großraum Dortmund.
    Zu den Auflagenverlusten wurde in dem Schreiben u.a. dies gesagt „Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um die viel zu hohen Fallraten der örtlichen Auflagen deutlich einzubremsen. Auflagenentwicklung sagt nämlich immer auch etwas darüber aus, wie relevant und deshalb wie nachgefragt das Blatt am jeweiligen Standort ist.
     
    Zur vollen Wahrheit gehört aber an dieser Stelle auch dies:
    Auflagenverluste, zumal in einer solchen Größenordnung, können nicht allein der Redaktion angelastet werden!
    Will man ein optimales, zumindest aber ein besseres Ergebnis als heute, dann muss in der Kooperationskette aller Bereiche des Unternehmens (von der Redaktion über den Druck, die Logistik, das Marketing, den Leserservice, die Präsenz vor Ort bis hin zur Zustellung) alles stimmen. Dies ist allerdings nicht Realität.
    Es muss daher zwingend gegengesteuert werden, um weitere Verschlechterungen örtlicher Marktpositionen dieser unverzichtbaren Zeitung mit ihrer unverzichtbaren Redaktionen und einem unverzichtbaren Anzeigenverkaufsraum zu verhindern.“

  4. Ergänzer sagt:

    Ich würde außerdem das mit den Desks sein lassen!!!

  5. IVWleser sagt:

    @briefleser
    IVW verzeichnet für WAZ-Medien-G Dort/Wit 137 (WR+WAZ) (Mo-Sa), also den Großraum Dortmund, in den ersten drei Quartalen 2012 bei den Abos folgende Werte:
    .
    I/12 : von 74707 auf 72714, entspricht minus 2,67%
    II/12 : von 72714 auf 69805, entspricht minus 4,00%
    III/12: von 69805 auf 67312, entspricht minus 3,57%
    .
    Mich würde jetzt wirklich einmal interessieren, wie sich bei diesen katastrophalen IVW-Zahlen aus dem Raum Dortmund Herrn Hinz‘ „Aussage mit dem erfolgreichsten Jahr der WR … auf das Einwerben von Abos im Großraum Dortmund“ beziehen kann.
    Liegen ihm völlig andere Zahlen als der IVW vor, was bedeuten würde, dass die WAZ-Mediengruppe falsche Zahlen meldet?
    Oder pflegt Herr Hinz, sagen wir einmal vorsichtig, einen äußerst ungewöhnlichen Umgang mit Grundrechenarten?

  6. WR sagt:

    Lasst doch den Malte in Ruhe! Der kann auch nichts dafür!

  7. elitäresdenken sagt:

    @ ehemaliger (26.12.) Ich kann Dir nur beipflichten. Die Journaille sollte ihre elitäres Denken ad acta legen, und sich sich mit den anderen Berufsgruppen abteilungs- und gesellschaftsübergreifend organisieren. Nur ein breit aufgestellter und gut organisierter Widerstand kann dieser von oben organisierten Sparwut, die alle Unternehmensbereiche infizieren wird, etwas entgegensetzen

  8. Journaille sagt:

    @elitäresdenken
    Noch einmal: Niemand hier verbietet den Berufsgruppen anderer Abteilungen hier das Wort. Im Gegenteil: die Journalisten wären froh, wenn die sich hier endlich auch einmal beteiligen würden und z.B. Informationen aus dem Verwaltungsbereich einbringen. Auch als Redaktionen geschlossen wurden, haben wir vergeblich auf deren Beistand gewartet. Hingegen kann ich mich daran erinnern, dass sich Redaktionen früher bei den Druckerstreiks regelmäßig soldidarisch erklärten und die Griffel hinlegten. Soviel zum Thema Solidarität.
    .
    Dass hier auf Medienmoral vor allem Journalisten kommentieren, hat nichts mit elitärem Denken zu tun. Es liegt daran, dass die anderen Berufsgruppen offenbar schreibfaul oder ängstlich oder beides sind und, statt für sich selbst zu sprechen, lieber träge darauf warten, dass andere ihnen die Kastanien aus dem Feuer holen!
    In einem anderen Thread hier (https://www.medienmoral-nrw.de/2012/07/waz-gruppe-verkauft-tochter-an-personaldienstleister) mosern einige besonders knapp belichtete Typen sogar noch über Betriebsräte und Gewerkschaften – dümmer geht’s nimmer!
    Nur faul auf das Handeln anderer zu warten und selbst nichts schreiben, sagen, tun – das ist letztlich nichts anderes als simples Schmarotzertum!
    .
    Mit anderen Worten: Macht doch einfach ‚mal selbst das Maul auf!

  9. wazrundmail sagt:

    einmal zahlen, beliebig oft drucken, ein schönes Sparmodell zu Lasten der Autorinnen und Autoren
    http://www.journalist.de/aktuelles/meldungen/waz-mediengruppe-die-rundmail.html

  10. total buy out sagt:

    @wazrundmail sagt:
    total buy out mit jedem text, foto, mit jeder rechercheleistung: Die Verleger und ihre Angestellten optimieren ihre Gewinne auf Kosten der in die Selbständigkeit gedrängten Berufskollegen, die ihnen an Wissen, Leistung und Stil oft weit überlegen sind. Eine ganz üble Nummer, die sich durch alle Bereiche zieht.

  11. Selbstständiger sagt:

    @total buy out
    Kleiner Trost am Rande: Mein ehemaliger Arbeitgeber ist so unwissend, dass er alle Pressemitteilungen und Fotos, die ich für einen Großkunden anfertige, seit zwei Jahren munter ohne Quellenangaben veröffentlicht.
    Jetzt warte ich mal schön, bis knapp drei Jahre herum sind, denn so lange läuft die Verjährungsfrist. Dann gibts eine nette Schadenersatzforderung nach den Honorarsätzen der MFM und den „Gemeinsamen Vergütungsregeln“ wegen zahlreicher Verstöße gegen §13 UrhG. Da kommt bei knapp 100000 Auflage ganz schön ‚was zusammen. Es geht doch nichts über ein ordentliches Archiv…
    🙂

  12. Nunja... sagt:

    das kannste machen, das wird klappen. Dein Großkunde wird danach von einer Beschäftigung mit Dir absehen. Hoffentlich rechnet es sich…

  13. total buy out sagt:

    @Selbstständiger:
    gute Idee. Dein ehemaliger Arbeitgeber hat es ganz offensichtlich nicht anders verdient. Ich finde es immer wieder interessant, welche Rechte und Privilegien diese Leute gleichzeitig für sich selbst in Anspruch nehmen. Die glauben ernsthaft, dass sie sich diese Positionen erarbeitet und verdient haben.

  14. Selbstständiger sagt:

    @Nunja…
    Da hast Du natürlich recht. Aber da ich in einem Jahr sowieso ganz damit aufhören will…