Hürther Bürgermeister kritisiert Entscheidung der Kölner Verlage

In einem Schreiben, das den Gewerkschaften DJV und dju zugespielt wurde, kritisiert der Hürther Bürgermeister Walther Boecker die geplante Zusammenlegung von Lokalredaktionen des Kölner Stadt-Anzeiger und der Kölnischen Rundschau mit deutlichen worten. Mit seiner Zustimmung dokumentieren wir den Brief an die beiden Verleger hier.

 

Sehr geehrter Herr Neven DuMont,
sehr geehrter Herr Heinen,

mit Ihren Schreiben vom 18.03.2014 haben Sie mir mitgeteilt, dass meine Meinung Ihnen wichtig ist. Hier deshalb – kurzgefasst – meine Meinung zu den angekündigten Veränderungen in den Lokalredaktionen:

1. Wie Sie bei einer Reduzierung der Redakteursstellen um 1/3 davon ausgehen können, dass Sie die bisherige Qualität nicht nur gewährlseiten, sondern nachhaltig steigern können, kann ich nicht nachvollziehen. Bisher gab es jeweils zwei Berichte zu Themen und Veranstaltungen in den beiden Zeitungen. Als jemand, der in vielen kommunalen Themen drin ist oder der bei vielen Veranstaltungen dabei ist, stelle ich fest, dass die Artikel hierzu jeweils sehr unterschiedlich ausehen können. Wenn es dann zukünftig nur noch einen Bericht und eine Meinung gibt, wird die Beteiligung der Zeitungen an der demokratischen Meinungsbildung jedenfalls eingeschränkt.

2. Dass die neue Gesellschaft nicht tarifgebunden sein wird, macht deutlich, welche gesellschaftspolitische Grundeinstellung hinter den Verlagen steht. Es ist schon erstaunlich, dass ausgerechnet Sie, Herr Heinen als Präsident, und Sie, Herr Neven DuMont als Ehrenvorsitzender des Bundesverbandes der Deutschen Zeitungsverleger, Tarifflucht begehen.

3. Statt vor Ort zu sparen, wo die Leserinnen und Leser am unmittelbarsten von Politik und sonstigen gesellschaftlichen Themen betroffen sind, sollten die Verlage lieber auf teure Übernahmen anderer Zeitungen wie in der Vergangenheit verzichten.

4. Konsequenterweise werden wir demnächst einzelne Abonnements von Kölner Stadt-Anzeiger und Kölnischer Rundschau kündigen, da dann in den für uns wichtigen kommunalen Teilen ja jeweils weitestgehend dasselbe stehen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Walther Boecker
Bürgermeister

 

3 Antworten zu “Hürther Bürgermeister kritisiert Entscheidung der Kölner Verlage”

  1. gutermann sagt:

    guter Mann, der Bürgermeister!

  2. schick sagt:

    Das ganze Modell ist schwachsinnig. Wenn die Verleger hätten sparen wollen, dann hätten sie ihre Mäntel zusammenlegen oder aufgeben sollen. Stattdessen schaffen sie jetzt eine lokale Söldner-Truppe, die frei schwebend im Orbit irgendwelche Artikel ohne feste Anbindung, an zwei unmotivierte Desks schickt. Dort werden in Eile ohne Kontinuität und lokalen Bezug zwei Lokalteile zusammengezimmert. Das ist eine der dämlichsten Entscheidungen der jüngsten Zeit. Sie zeigt aber, wie abgehoben die Chefredakteurskaste bei den Regionalzeitungen ist: Keine Ahnung vom Alltag, Gelaber von Qualität, Aberglaube an Desks und mit Klauen den eigenen Mantel verteidigend.

  3. schreibenderbelegschaft sagt:

    Redakteure, Pauschalisten, Freie und Redaktionssekretärinnen vom Kölner Stadt-Anzeiger und Kölner Express haben jetzt ebenfalls ihren Verlegern geschrieben und sammeln jetzt Unterschriften
    Sehr geehrter Herr Prof. Neven DuMont, 
sehr geehrter Herr Heinen,

    in der vergangenen Woche haben Sie uns über Ihre Entscheidung zur Zusammenlegung von Lokalredaktionen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ und der „Kölnischen Rundschau“ informiert, die bereits zum 1. Juni dieses Jahres erfolgen soll. 30 Stellen sollen nach Ihren Angaben dabei gestrichen werden.

    Sie haben zudem mitgeteilt, dass die betroffenen Redakteure, Pauschalisten, Freien und Redaktionssekretärinnen in eine neue „Rheinische Redaktionsgemeinschaft“ übergehen sollen. Dieses Unternehmen soll nach Ihren Vorstellungen nicht tarifgebunden sein.

    Die Zusammenlegung von Lokalredaktionen würde einen gravierenden Verlust an journalistischer Vielfalt und den Verzicht auf Wettbewerb nach sich ziehen. Eine Streichung von 30 Stellen erscheint uns unangemessen.

    Entschieden wehren wir uns dagegen, die betroffenen Kolleginnen und Kollegen aus den Redaktionen in eine tarifungebundene Gesellschaft auszugliedern. Für diese weitere Differen-zierung zwischen Journalistinnen und Journalisten erster und zweiter Klasse gibt es aus unserer Sicht keinen nachvollziehbaren Grund. Damit verbunden wäre eine weitere Entwertung des Journalistenberufs.

    Wir fordern Sie auf Herr Heinen als Präsident des BDZV und Herr Prof. Neven DuMont als Mitglied des BDZV-Ehrenpräsidiums, sich bei der künftigen Organisation der Lokalredaktionen tariftreu zu verhalten.

    Wir erwarten, dass Sie unverzüglich Verhandlungen mit den Betriebsräten von MDS und Heinen-Verlag aufnehmen.


    Mit freundlichen Grüßen

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