Hombach ein „Leichtmatrose der Medienwirtschaft“

DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken übte heftige Kritik an den Sparplänen der WAZ-Gruppe für ihre vier Titel in NRW. Geschäftsführer Bodo Hombach sei kein kompetenter Fährmann, sondern eher ein „Leichtmatrose der Medienwirtschaft“. Konken weiter an Hombachs Adresse: „Ihr Sanierungskurs wird so einfach nicht funktionieren.“ Der Bundesvorsitzende eröffnete vor einer guten Stunde den Verbandstag des Deutschen Journalisten-Verbandes in Rostock-Warnemünde mit etwa 300 Delegierten.

10 Antworten zu “Hombach ein „Leichtmatrose der Medienwirtschaft“”

  1. Eric sagt:

    Und wieder einmal wird deutlich, dass die Gewerkschaft oft einfach dumme und falsche Bilder verwendet. Natürlich ist der Weg nicht richtig, über Entlassungen sparen zu wollen. Aber ausgerechnet Herrn Hombach als Leichtmatrosen zu bezeichnen, den Mann, der den ganzen Laden über Jahre hinweg zusammengehalten hat?

  2. ruhrporter sagt:

    In der Tat, ein Leichtmatrose im buchstäblichen Sinne des Wortes ist Herr Hombach nicht, das passt schon von der Figur nicht. Aber dass er völlig unerfahren war im Mediengeschäft, als er 2002 auf die Brücke der WAZ Medienbrücke kam, wird auch „Eric“ nicht bestreiten können. Und diese Unerfahrenheit hat in der Paarung mit dem Anspruch, alles besser zu können, jedenfalls besser als jeweils alle anderen am Tisch, erheblichen Schaden angerichtet.
    Wäre es die Aufgabe eines Geschäftsführers, seine Führungskräfte mit Anekdoten zu unterhalten, Herr Hombach hätte jeden Bonus dieser Welt verdient. Aber erstens ist das nicht die Aufgabe eines Managers und zweitens hat Herr Hombach auch seine Anekdoten selten zur Unterhaltung erzählt, sondern meist aus taktischer Überlegung: Sorg‘ erst einmal für gute Laune, dann schluckt das Dummvolk leichter, was es anschließend serviert bekommt.
    Wie „Eric“ zu der Ansicht kommt, Herr Hombach habe „den ganzen Laden über Jahre hinweg zusammengehalten“, mag er vielleicht hier noch einmal erklären. Die Fakten sehen an einigen Beispielen erläutert anders aus:
    – Die Auflage der WAZ Mediengruppe NRW ist in den Hombach-Jahren um 213.691 Exemplare von knapp über eine Million auf unter 800.000 gesunken.
    – Die Gazetta Rheinskaja wurde teuer eingekauft, teuer betrieben und nach einem halben Jahr wieder eingestellt. Verlust rund 12 Mio €.
    – Die Mediathek, das Gemeinschaftswerk mit dem WDR, ist so angelegt, dass ihre Angebote zum allergrößten Teil wie Blei in den Regalen liegen. Verlust (bei ehrlicher Berechnung auch des Werbeaufwandes) deutlich über 10 Mio €
    – Das Internetportal derwesten.de hat in der Entwicklung über 50 Mio € gekostet und steckt unverändert tief in den roten Zahlen. Einziger „Trost“ an dieser Stelle: Der von Herrn Hombach ausgelobte Bonus (fällig, wenn bis Ende 2008 rp-online überholt wird) muss nicht gezahlt werden.
    – In den Hombach-Jahren wurde viele neue Häuptlinge ins Haus geholt und wieder gefeuert, neue Gremien geschaffen und wieder abgeschafft, unzählige Bauchentscheidungen gefällt mit stetig sinkender Halbwertzeit, aber seriöses Arbeiten, das sich an den Interessen der Kunden (LeserInnen) sowie seiner MitarbeiterInnen orientiert, das hatte mit Tod von Herrn Schumann ein Ende, zumal auf der Funke-Seite kein Geschäftsführer mehr saß, sondern mit Herrn Holthoff-Pförtner ein Bevollmächtigter, der vorrangig die eigenen Interessen bediente.
    So traurig es ist: Viele im Haus fürchten schon lange „Der fährt das Schiff gegen die Mauer“. Was den Leichtmatrosen am Ruder vor der früheren Enttarnung bewahrte, sind seine eingekauften Claquere und die Tatsache, dass die „Bordwand“ (sprich Substanz) des Tankers WAZ Mediengruppe bis zum jetzt erkennbaren Leck viele Dellen verkraftet hat.

  3. Katharina Borchert sagt:

    @ruhrporter: Ich weiß nicht, woher die Zahl von 50 Mio für die Entwicklung von DerWesten stammt, aber mit der Realität hat sie herzlich wenig zu tun. Es war ein Bruchteil dessen (was auch in diversen Interviews zu lesen war, weshalb mich die oben genannte Aussage schon etwas überrascht).
    Und ja, die Zahlen sind rot, aber niemand hat im ersten Jahr etwas anderes erwartet und wir liegen mit unserer Entwicklung genau im Businessplan.

  4. Eric sagt:

    @ruhrporter: Mit großem Erstaunen lese ich die Zahlen. Leider sinkt die Auflage der Tageszeitungen in NRW der WAZ Gruppe. Und natürlich ist es nicht richtig, mit solchen Brachialkünsten zu versuchen, die Leute komplett zu verwirren und dann vor die Tür zu setzen. Ob Sekretärin, Volontär oder Redakteur – von Kleve bis Siegen sind alle irritiert. Und das Erstaunliche ist ja auch, dass wir hier über ein Medienunternehmen sprechen, das es nicht schafft, komplett offen mit der Situation umzugehen. Dennoch bleibe ich dabei, dass es Hombachs Verdienste sind, dass der Gesamtkonzern schwarze, und sogar sehr hübsche schwarze Zahlen schreibt – trotz der Medienkrise. Und einen Vorwurf muss man leider auch den Redaktionen machen. Sie sind es, die an alten Zöpfen festhalten, anstatt innovativ zu arbeiten. Ich meine nicht in dem Stile eines Herrn Reitz – Redaktionen schließen und hoffen, dass es keiner bemerkt. Aber während in anderen Firmen Ideen der Redakteure, wie man ein Produkt verbessern und erweitern kann, an die Entscheidungsträger herangetragen werden, sieht das bei WAZ, NRZ, WP und WR total mau aus. Fett und verfressen – wer sich einige Lokalausgaben anschaut, muss sich grämen, weil sie einfach nur schlecht sind. Es hat – na klar – auch etwas mit teilweise zu wenigen redaktionellen Mitarbeitern zu tun. Aber auch etwas mit Faulheit. Was ich momentan vermisse, ist, dass sich endlich die Chefredakteure zu Worte melden und sich erklären, auch bei dieser anstehenden Betriebsratsversammlung nächste Woche. Ihr Stillschweigen kann so unterschiedlich bewertet werden, ist aber niemals positiv.

  5. Karin sagt:

    @Katharina Borchert: Rote Zahlen, schwarze Zahlen – ich kann diesen Unsinn der Zahlenjongleure im Verlag langsam nicht mehr hören. Die Redaktionsgesellschaften der Zeitungen können logischerweise kaum nennenswerte Einnahmen haben. Anderererseits: Würde WAZ NewMedia GmbH & Co. KG, wie es eigentlich korrekt wäre, Honorare für die gewaltigen Arbeitsleistungen der Redaktionen an diese Redaktionsgesellschaften zahlen müsssen, dann wären die Zahlen von WAZ NewMedia GmbH & Co. KG wahrscheinlich tiefdunkelknallrot.

  6. Jens sagt:

    @Karin:
    Vielleicht würden dann ja auch einige Lokalredaktionen online mitarbeiten? 😉

  7. Micha sagt:

    @Eric: Sie haben Recht. Die Agonie im Hause allein auf die Geschäftsführung zu schieben, ist typisch eindimensionale Gewerkschaftsdenke, die man von Herrn Konken und anderen seit langem gewöhnt ist. Wäre ich nicht bereits vor vielen Jahren aus dem DJV ausgetreten – aber lassen wir das. Bisschen mehr arbeiten würde einigen Kollegen verdammt gut tun – nur so im Sinne der Leser, versteht sich.
    Und lasst doch mal die Katharina Borchert in Ruhe. Es ist langsam wirklich widerlich, wie hier leider auch von vielen Zeitungskollegen ein Sündenbock aufgebaut wird. Der Westen ist um vieles besser als das, was die Gruppentitel vorher im Internet geboten haben. Es ist ganz gewiss kein Zufall, dass die Fundamentalkritik wie auch die emsigste Obstruktionspolitik aus den Reihen der langweiligsten Lokalredaktionen und Mantelressorts kommt.
    Und was Reitz betrifft: Will jemand ernsthaft behaupten, die WAZ wäre in den letzten Jahren schlechter geworden? So was sagen eigentlich nur Leute, die die Güte einer Zeitung an ihrer politischen Linientreue festmachen – gähn!

  8. rolf sagt:

    @micha: ah, das liest sich wie ein bezahl-blog – schön die Gründe für die Krise vernebeln und die eigenen Kollegen in die Pfanne hauen. Sicher gibt es im Hause WAZ auch Schnarchnasen, aber die kann man an einer Hand abzählen. Nur in einem gebe ich Ihnen Recht, Herr „Kollege“: Borchert hat mit der Krise nix zu tun. Außer man stellt die Frage, ob ein Blogger-Star automatisch Chefredakteur-Qualitäten hat, also Journalist ist? Eine Doppelspitze aus Journalist und Blogger-Queen wäre dem Online-Projekt daher sicherlich dienlicher gewesen.
    .
    @alle: Was jedoch Reitz angeht, so hat er den Lesern ein Produkt verordnet, das viele nicht brauchen, geschweige denn wollen. Motto: Ich erkläre und ordne euch die Welt. Welch‘ Hybris. Ein weiteres Reitz-Übel ist: Eine offene Debattenkultur wie sie die WAZ dringend nötig hätte, wird in diesem Hause nicht gepflegt.
    .
    Die Jahrenkonferenzen, die auf der einen Seite Familientreffen waren, andererseits ein Forum zur Diskussion boten, sie wurden von seiner Herrlichkeit abgeschaft. Stattdessen: Vernebelung durch Spaß und Action – Skifahren in Bottrop in 2007, anstatt konstruktiver Kritik und Dialog. Für 2008 ist die Jahreskonferenz abgesagt worden…..

    Bei der WAZ wird durchregiert, unliebsame und kritische Mitarbeiter werden lautlos auf Linie gebracht. Ein Reitz-Thema!

  9. Rosebud sagt:

    @Micha: Nun komm mal wieder runter. Hier hat niemand Katharina Borchert angegriffen. Wenn mit DerWesten Erwartungen verknüpft wurden, die sich nicht erfüllen (können), so ist das auch nicht die Schuld von Katharina Borchert, sondern es ist eine grundsätzliche Fehleinschätzung der wirtschaftlichen Möglichkeiten, die das Internet einem Zeitungsverlag bietet. Andere Verlage haben das bereits erkannt. Es ist eben mittlerweile sehr schwer, gegen Kolosse wie Google anzuarbeiten. Selbst Nachrichten-Marktführer Spiegel Online gilt ja nicht als genialer wirtschaftlicher Erfolg (http://blog.handelsblatt.de/indiskretion/eintrag.php?id=1857).

    Es ist deshalb wohl verständlich, dass der DerWesten (und nicht Frau Borchert in Person) in den Redaktionen immer misstrauischer betrachtet wird, wenn sich die Anzeichen dafür mehren, dass Leser sich tatsächlich deshalb von der Zeitung abwenden, weil sie deren Angebot im Netz bereits Stunden vorher, umfassend und völlig kostenlos erhalten. Aber auch das kann man Frau Borchert nicht persönlich anlasten. Die tut im Rahmen der Möglichkeiten, die ihr der Verlag absteckt, sicherlich, was sie kann und ist insofern auch erfolgreich.

    Weiterhin wurde hier durch Karin Kritik an den internen Verrechnungsmodi geäußert, Stichwort „rote Zahlen“. Die dürfte berechtigt sein, es sei denn, WAZ NewMedia bezahlt für die immensen täglichen Arbeitsleistungen der Redaktionen an deren jeweilige Gesellschaften. Meines Wissens ist das nicht der Fall. Betriebswirtschaftlich genau besehen arbeiten also die angeblich „defizitären“ Redaktionsgesellschaften täglich in großem Umfang kostenlos für DerWesten. Jeder Handwerksbetrieb wäre, wenn er so etwas täte, nach wenigen Tagen pleite. Das kann nur zu einem Schluss führen: Es ist einfach unfair, die Redaktionsgesellschaften von WP, WR und NRZ isoliert zu betrachten und ihnen „rote Zahlen“ vorzuhalten. Sie können gar keine schwarze schreiben. Weiß der Teufel, wieso es ausgerechnet bei der der WAZ so sein soll.

    Zuletzt: Es zeugt von wenig Innensicht, wenn hier von „langweiligen“ Lokalredaktionen geredet wird. In Wirklichkeit arbeiten viele dieser Redaktionen seit Jahren am Limit. Die tariflichen Arbeitszeiten einzuhalten kann sich dort schon lange niemand mehr leisten. Wenn es „langweilige“ Ausgaben gibt, dann vor allem, weil die Redaktionen mit ihrer schmalen Personalausstattung und nach dauerndem Druck auf die Honoraretats nur noch das unbedingt Nötige machen können. Mir wären in meiner Lokalausgabe auch mehr gut recherchierte, eigene Geschichten lieber. Dafür reicht aber immer öfter die Zeit nicht.

  10. […] an der Praxis vor Ort bewegt sich der Kommentar von rosebud: Zuletzt: Es zeugt von wenig Innensicht, wenn hier von “langweiligen” Lokalredaktionen geredet […]