Proteststerben in Recklinghausen
Bis zu 50 Journalistinnen und Journalisten beteiligten sich an der ersten Protestaktion „Gegen die WAZ-Axt“ heute in Recklinghausen. Feste und Freie der Titel WAZ, WR und NRZ waren dabei. Zu der Aktion aufgerufen hatte der Journalisten-Kreis Recklinghausen (JKR im DJV). An drei Stellen in Recklinghausen legten sich Kolleginnen und Kollegen symbolisch gegen das Zeitungssterben für ein paar Minuten auf die Straße, um die Öffentlichkeit aufmerksam zu machen, sie in Gesprächen und mit Flugblättern zu informieren und zum Protest an die Adresse der Geschäftsführer Bodo Hombach und Christian Nienhaus aufzufordern:
Sagen Sie deutlich, dass
- Sie keine Mogelpackungen akzeptieren!
- Sie weiterhin die Wahl haben wollen!
- Sie wissen wollen, was in Ihrer Nähe passiert!
Die Teilnehmer nutzten auch die Gelegenheit zum persönlichen Austausch über die dohenden Gefahren für ihre Arbeitsplätze und suchten das Gespräch mit den Gewerkschaftsvertretern, darunter Jörg Prostka für den DJV-Bundesvorstand, Volkmar Kah und Karlheinz Stannies vom DJV-Landesvorstand NRW, Rolf Lautenbach (Ex-DJV-Bundesvorsitzender und ehemals Betriebsat bei der WAZ) und Vorstandsmitglieder des JKR mit dem Vorsitzenden Rainer Kohl.
Erste Fotos von der Aktion sehen Sie hier.
[…] einer DJV-Gruppe traf man sich aus Protest gegen den angekündigten Umbau der WAZ Mediengruppe zum symbolischen Sterben in der […]
So, das war die erste Stufe, die auf Beachtung stieß und Diskussionen auslöste: “Jetzt nicht nur Opel, jetzt auch schon die WAZ”. “Beantragt doch auch nen paar Milliarden aus dem Fonds der Bundesregierung”, meinte ein Passant, der über die Kahlschlag-Mentalität der WAZ-GGF nur den Kopf schütelte.
Solche Aktionen wie die am Samstag in RE – das können wir auch anderswo.
Und – wir (die Gewerkschaften) sollten auch sofort die selbstinstallierten Leserbeiräte informieren.
Die Aktion war überfällig, hätte aber schon viel früher passieren sollen, nicht nur in Recklinghausen! Zeitungssterben und Leserschwund beklagen Journalisten und Verleger schließlich schon seit Jahren. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten und bei Rezessionen trifft es immer zu erst die Beschäftigten. Das ist in der Stahl- oder Automobilindustrie so und in der Medienindustrie wie man sieht auch.
Dabei haben sich doch gerade die Verleger durch geschickte Lobbyarbeit in den letzten Jahren große Stücke am Medienkuchen gesichert. Über den gerade geänderten Rundfunkstaatsvertrag haben sie sich sogar Online-Privilegien gegenüber den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten festschreiben lassen. Das Beispiel zeigt deutlich, dass sie nur den eigenen Profit und weniger den Leser/Kunden im Auge haben, der ihnen doch angeblich so wichtig ist.
Gerade beim Leser-Nachuchs würde man sich doch intelligentere Lösungen wünschen, statt Kaffeemaschinen und Toaster. Wie wäre es denn mit einem Rechner, Laptop oder Netbook, den der Leser abonnieren kann, um seine Zeitung online zu lesen.
Klar, so einen Computer könnte man auch zum lesen von google-news, der Konkurrenzzeitung oder zum schreiben von Bewerbungen nutzen. Doch in papierene Tageszeitungen wickelt man ja auch schon immer Heringe ein oder hat sie in früheren Zeiten auf dem Lokus zweckentfremdet.
@50Hz
Man kann immer streiten über solche Aktionen, zumal „Sterben“ sich höchstens auf Lokalredaktionen und Vielfalt beziehen kann. Wobei die WAZ-Redaktion Recklinghausen wohl ganz konkret in Gefahr ist. Immerhin erzielte die kurze Aktion mehr Aufmerksamkeit und Diskussionen als ein honoriger ganztägiger Info-Tisch. Es geht um mehrere hundert Redakteurinnen und Redakteure, Freie wie Feste, die auch von Hartz IV bedroht sind. Und es geht um die Qualität der Lokalzeitungen. Hast Du bessere Vorschläge für Aktionen? Dann her damit!
Also eine Idee ist doch nahe liegend, wenn man sich die Bilder anschaut. Von Arbeitslosigkeit bedroht zu sein, hat ja auch was mit von Armut bedroht zu sein zu tun. Legt Euch auf die Straße, deckt Euch mit Zeitung zu und weist so darauf hin, dass ihr davor Angst habt. Das Bild dürfte aber vorläufig verbrannt sein.
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Die Symbolik des Sterbens zu verwenden, finde ich immer problematisch. Weniger drastisch als ein Die In wäre es jedoch, eine WAZ in einem Sarg spazieren zu tragen. Dann ist auch klar, dass es um die Zeitung und nicht um Menschenleben geht.
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Vielleicht auch eine Idee: WAZ verteilen mit einem Lokalteil, der nichts als leere Seiten enthält. Ist aber vermutlich teuer.
@ 50hz
Vielleicht ist einfach „Proteststerben“ nicht das richtige Wort. Wenn man sich das Video und die Fotos von der Aktion ansieht, ist klar: Die Kolleg(inn)en liegen auf der Straße, decken sich mit Zeitungen zu und weisen auf einem Transparent und in Flugblättern darauf hin, wovor die Angst haben. Also genau das, was Du vorgeschlagen hast.
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Das mit der leeren WAZ ist eine gute Idee… :o)
Dumm geguckt haben heute die WAZ-Leser der Vest-Ausgabe, denn vom „Protest-Sterben“ in der Fußgängerzone gegen die geplante Massenentlassung von Redakteuren der WAZ-Mediengruppe stand nichts in ihrer Zeitung. Stellvertretender WAZ-Chefredakteur Wilhelm Klümper weiß warum, denn sein „Tagesbefehl“ am Wochenende war der Grund.
Eine Empfehlung besonderer Art gab am Sonntag auch Chefredakteur Reitz im ARD-Presseclub in einer „Krisendiskussion“, in der seine Nachbarin im Podium auch die Krise in Medienhäusern ansprach. „Ruhiges, pragmatisches und überlegtes Vorgehen“ sei angebracht, meinte er. Welch Wandel! In der Belegschaftsversammlung der vier WAZ-Tageszeitungen am letzten Dienstag hatte Reitz noch recht rigoros von 300 Redakteursentlassungen gesprochen, obwohl die Personalleitung dies kurz zuvor noch nicht ankündigt hatte, da die bisherige „Durchleuchtung“ der Unternehmen noch nicht abgeschlosen sind.
Und noch etwas war bemerkenswert in dieser Presseclubdiskussion. Wörtlich sagte Reitz: „Ich fühle mich bei Angela Merkel gut aufgehoben“.
Reitz hat seine (journalistische ) Glaubwürdidkeit verloren! Welch ein Niedergang bei dieser überparteilichen und unabhängigen großen Tageszeitung.
@fiftyruhr: Ich bin schon fast versöhnt.
@innen – außen
Ist schön schäbig, dass die WAZ ihre Redaktionen durch einen Maulkorb auf Linie bringt.
Aber das ist ja gewohnt schlechter Stil von Reitz und Klümper. Bei Streiks vor ihren Zeiten haben Redaktionsleiter ihre Leser durch darstellende Berichte darüber informiert, warum sie heute eine schmalere Zeitung bekommen.
Gerd Schute war – glaube ich – einer der Lokalchefs (damals Gelsenkirchen), der dies in bester journalistischer Manier in der Streikausgabe nachrichtlich darlegte. Der hatte Rückgrat.
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Von einem Reitz und einem Klümper kann man das nicht erwarten. Sie sind ja auch keine Kollegen im Chefredakteurs- oder Lokalchefrang, sondern eingekaufte Söldner der Profitmaximierung, die ohne den Hauch einer Ahnung davon zu haben, für wen sie schreiben, in ihren Luxusbüros hocken und am grünen Tisch Wichtiges in die Welt setzen.
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Übrigens: Hut ab vor den Kollegen der Recklinghäuser Zeitung (Bauer Verlag, Marl), die sich ebenfalls an der Aktion beteiligten. So sieht Solidarität aus, Herr Reitz – und nicht das, was Sie in der BV abgeliefert haben. „Mahlzeit“
@Hans Lassmann: „Eingekaufte Söldner der Profitmaximierung“ – sag mal Sportsfreund, willst du diesen vor falscher Nostalgie triefenden Blog eigentlich endgültig in die Lächerlichkeit schreiben oder gehts vielleicht doch ne Nummer kleiner?
Sind Söldner nicht immer eingekauft? Ich meine ja bloß.
@micha
Hast Du’s nicht kapiert? Es geht hier nicht um Nostalgie, es geht um unsere Arbeitsplätze, um unsere Zukunft und die unserer Kinder. Da kann es nur heißen: Widerstand – wo wir nur können.
Ich glaube nicht, dass wir mit geistreichen Ergüssen und intellektuellen Haarspaltereien weiterkommen. Ich weiß ja nicht, wie sicher Dein Arbeitsplatz ist, aber meiner ist pi mal Daumen ziemlich wackelig. Mach doch mal die Augen auf. Ist dein WAZ-Arbeitsplatz sicher?
Menschen, die nackte Existenzangst haben wie ich, die mögen sich mit dieser zugegebenen pathetischen Formulierung lächerlich machen, wenn sie überziehen, aber das ändert nix an der Forderung: Die betriebsbedingten Kündigungen müssen vom Tisch. Und das müssen wir gemeinsam mit Gewerkschaften, Betriebsräten hinbekommen.
Hans Lassmann, is klar: Zwischentöne sind nur Krampf im Klassenkampf. Das hatten wir doch schon mal.
WDR2 Regionalstudio Essen Hörfunk Nachrichtenservice vom
09.06.2009
Aktuelle Nachrichten WDR Studio Essen
http://www.wdr.de/studio/essen/nachrichten/
Dienstag, 9. Juni 2009
Essen: WAZ zieht sich zurück
Der Essener Zeitungskonzern WAZ plant, am Standort Recklinghausen nur
noch mit weniger als zehn Redakteuren für die Kreisausgabe zu arbeiten.
Von den 29 Redakteuren, die nach der Zusammmenlegung von acht
Lokalredaktionen eine Ausgabe für den Kreis machen sollen, arbeitet
inzwischen nur noch die Hälfte. Der Rest ist über einen Sozialplan oder
über Altersteilzeit ausgeschieden