Tarifflucht bei den WAZ-Zeitschriften

Düsseldorf. In einer Pressemitteilung hat jetzt der Betriebsrat des Westdeutschen Zeitschriftenverlages (WZV), der Geschäftsführung Tarifflucht vorgeworfen. Der Geschäftsführer des WZV, Manfred Braun, in Personalunion Vorsitzender der Publikumszeitschriften des Verbandes deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), teilte den Betriebsräten mit, dass nach dem Umzug der Redaktionen von Düsseldorf nach Ismaning Anfang 2010 die Blätter nicht nur in eine neue GmbH übergehen, sondern diese zudem nicht mehr zum Tarifverbund angehören wird.

Bis dahin hatte es eine schriftliche Zusicherung gegeben, dass die WZV GmbH in Ismaning in alter Form bestehen bleiben sollte. „Ein dicker Hund“ finden die Betriebsräte. Immerhin soll für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die den Wechsel nach Ismaning mitmachen wollen, Bestandsschutz gelten. Für sie soll weiter der Tarif gelten. Der Betriebsrat hat aber die Befürchtung das „weitere spontane Änderungen folgen könnten.“ Ein Sozialplan ist noch nicht unterschrieben.

Die Betriebsräte befürchten zudem, dass mit dem Umzug auch ein Stellenabbau verbunden sein wird. In Ismaning werden nach aktuellen Angaben nur etwa 100 Mitarbeiter benötigt. Zur Zeit arbeiten für die Titel „NEUE WELT”, „Das Goldene Blatt”, „frau aktuell”, „ECHO DER FRAU”, „Freizeit Exklusiv”, „Frau im Spiegel” und „die aktuelle” aber noch 130 Kollegen.

Nach Gewerkschaftsinformationen schreibt der WZV schwarze Zahlen. In Ismaning sollen die WAZ-Zeitschriftentitel, die ihren Marktanteil von jetzt 12 % bei der YellowPress noch einmal deutlich ausbauen sollen, ähnlich wie bei den NRW-Zeitungstiteln eine zentrale titelübergreifende Serviceredaktion und einen Fotopool bekommen.

16 Antworten zu “Tarifflucht bei den WAZ-Zeitschriften”

  1. pasquale sagt:

    Bestandsschutz, klar: so wie für die umgesiedelten MuK- Mitarbeiter?

    Nach einem Jahr zu alten Konditionen die Beretta auf der Brust?
    Wie naiv muss man denn sein, um nicht zu erkennen, dass diese ganzen schicken Konzepte von egal welcher Beratungsfirma ausgeheckt nur dann funktionieren, wenn an den Gehältern komme
    was wolle gespart wird?

    Ein Umzug nach Erfurt wesentlicher Personalstärke des FRW rechnet sich bei gleich bleibenden Gehältern? Die Kollegen, die so dumm (oder aufgrund Ihrer Lebensumstände gezwungen) sind, evtl. Zusicherungen über Gehaltserhalt zu glauben, werden sicher noch merken, welche Augen völlig frei von Skrupeln lügen.

    Vielleicht warnt wenigstens hier das Beispiel WZV vor allzu großer Blauäugigkeit, glauben tu ich’s nicht.

  2. jerome sagt:

    Na, das war ja wohl zu erwarten … und das ach so tolle Konzept mit der zentralen titelübergreifenden Serviceredaktion wird hier sicher die gleichen Folgen haben wie bei den Tageszeitungen.
    Anstatt sich die Beretta auf die Brust setzen zu lassen, stellt sich doch so allmählich die Frage, ob man da nicht doch lieber selbst zur Beretta greifen sollte! Irgendwann ist einfach mal die Schmerzgrenze erreicht …
    Frei nach Tucholsky – ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte!

  3. Frauenzimmer sagt:

    Wie kommt der Schreiber dieser Zeilen eigentlich auf die Idee, dass der Betriebsrat Tarifflucht und Arbeitsplatzabbau nur befürchtet? Die Geschäftsführung hat sich auf einer Betriebsversammlung am Dienstag vor allen Kollegen der WZV eindeutig geäußert: Das Personalkonzept sieht in Ismaning 99 Stellen vor – und Manfred Braun hat die Tarifflucht selbst verkündet. Da bleiben ja wohl keine Fragen mehr offen!!

  4. Chat Atkins sagt:

    @ jerome: Das Zitat stammt nicht von Tucholsky, sondern von Max Liebermann.

  5. jerome sagt:

    @ Chat Atkins: Ist auch recht, ich mein, es wäre von Tucholsky gewesen … 🙂
    Am Tatbestand ändert das dann aber auch nichts … 🙁

  6. Andererweg sagt:

    Leider sieht es für die betroffenen nicht nur so aus, das sie ihren arbeitsplatz verlieren könnten – sondern der Ton als solches wird in der WAZ deutlich härter. Es ist unter Kollegen zu einem „hauen-und-stechen“ geworden wie bei der Reise nach Jericho – der einen Stuhl erwischt und andere runterstoßt hat eine Chance auf einen Arbeitsplatz.
    Da fragt man sich ob es überhaupt noch menschlich Zumutbar ist in solchen Arbeitsbedingungen zu arbeiten.

  7. Rufer in der Stille sagt:

    @frauenzimmer: Genau, du hast recht. Tarifflucht und Arbeitsplatzabbau sind gewollt. Verlagschef Manfred Braun hat in der Betriebsversammlung u.a. Folgendes gesagt und klare Zahlen genannt: „In Düsseldorf wurde gut gearbeitet, hier wurden bisher 1,5 Mio Euro Anzeigenumsatz pro Jahr gemacht.“ Aber der in Hamburg geschasste Managers ist ehrgeizig (oder größenwahnsinnig?): Synergien schaffen und angreifen. „Wir werden stark angreifen. Marktanteil bei den Frauenzeitschriften sind jetzt 12 Prozent. Mein Ziel sind 30 Prozent“, gab der böse Bauer-Bube kund.
    Was passiert, wenn alle 100 Redaktionsmitarbeiter/innen mitkämen? „Dann haben wir ein Problem“, so sein Interims-Geschäftsführer Will Blok wörtlich. “ Seinen Verlagsangaben zufolge werden in München 99 +- 3 gebraucht – und nur 30 bis 35 Düsseldorfer an die Isar wechseln. Die fehlenden 70 bis 65 Redakteure/innen sollen in München aufgetrieben werden und für kleines Geld arbeiten, ohne den Schutz des Tarifvertrags. Außerdem müssen wohl anfangs Seiten dazugekauft werden.
    Das heißt im Klartext: Mit diesem Umzug vom Rhein an die Isar und der Gründung der WAZ-Women-Group GmbH wird jede Menge Geld verbrannt… Und der gute Ruf der WAZ zerstört

  8. Ex WR-ler sagt:

    @Andererweg Das war nicht die Reise nach Jericho, sondern nach Jerusalem. In Jericho wurden damals Mauern eingerissen…

  9. Medienmoral sagt:

    über die Umstrukturierung bei den Zeitschriften der WAZ-Mediengruppe berichtet wuv
    http://www.wuv.de/nachrichten/medien/waz_gruppe_zentralisiert_zeitschriftenbereiche
    über Veränderungen bei derWAZ- Abo-Verwaltungstochter PMS, die nun MZV heisst und von Michael Imhoff geleitet wird berichtet horizont.net
    http://www.horizont.net/aktuell/medien/pages/protected/Abo-Dienstleister-der-WAZ-Gruppe-bekommt-neuen-Namen_88273.html
    mit freundlichen Grüßen, medienmoral-nrw.de

  10. Medienmoral sagt:

    auch meedia.de beschäftigt sich mit der Umstrukturierung der Zeitschriften-Titel, die der WAZ-Mediengruppe gehören
    http://meedia.de/nc/details-topstory/article/waz–zeitschriften-produktion-wird-zentraler_100024384.html?tx_ttnews%5BbackPid%5D=23&cHash=954822dc14
    mit freundlichen Grüßen, medienmoral-nrw.de

  11. Britta sagt:

    @rufer in der Stille: schlimm, natürlich ist das eine Tarifflucht und Geldverbrennung, abgesehen davon, dass kaum jemand mitziehen kann oder will. Diese Umzüge werden doch einzig gemacht, um Personal auf der Strecke „zu verlieren“. Fragt mal bei G+J, von den Kölner Wirtschaftsredakteuren sind vielleicht noch eine Handvoll übrig. Der Rest hat den Weg nach HH irgendwie nicht gefunden…

    Ich frag mich übriens auch, wie die WAZ – sollte die Krise irgendwie überstanden werden – später überhaupt noch mal gute Leute bekommen will. In der Krise zeigt sich schließlich, wer gut mit seinen Mitarbeitern umgeht. Und wer will dann noch hier arbeiten, wenn er es sich aussuchen kann? Vielleicht sollten wir alle mal die WAZ als Arbeitgeber bewerten, es gibt dafür schließlich spezielle Seiten (www.bizzwatch.de, http://www.jobvoting.de, http://www.evaluba.de usw).

  12. Medienmoral sagt:

    über den aktuellen Stand beim Umzug der WAZ-Zeitschriften von Düsseldorf nach München berichtet der Kontakter
    http://kontakter.de/nachrichten/print/wzv_umzug_ein_drittel_der_mitarbeiter_geht_mit
    mfg. medienmoral-nrw.de

  13. Caroline sagt:

    Übrigens verkauft die WAZ Fotos aus dem WAZ-Fotopool für gutes Geld an andere Blätter – ohne das der Fotograf dafür etwas sieht, soweit ich informiert bin. Ist das wirklich noch von geltendem Recht abgedeckt? Das darf doch nicht!

  14. WAZ-Frauengruppe sagt:

    … und so sucht die WAZ-Frauengruppe nach Ersatz im Süden:

    Die neu gegründete WAZ-Women Group GmbH, ein Unternehmen der WAZ Mediengruppe, bündelt die Kompetenz im Bereich Frauenzeitschriften und gibt ab 01.01.2010 am Standort Ismaning/München die sechs Frauenzeitschriften „die aktuelle“, „Echo der Frau“, „frau aktuell“, „Frau im Spiegel“, „Das Goldene Blatt“ und „Neue Welt“ heraus.

    Zur Verstärkung unserer Redaktionen suchen wir für die genannten Zeitschriften zum nächst möglichen Termin:

    *** Redakteur/-in ***

    für den Bereich Aktuelles/People

    Ihre Aufgaben:

    * Abgeschlossenes Zeitschriften- oder Zeitungsvolontariat, idealerweise bei einer wöchentlichen Frauenzeitschrift oder Boulevardzeitung
    * Berufserfahrung in vergleichbarer Position, idealerweise bei einem People-Magazin
    * Umfassendes Promi-Wissen sowie hervorragende Kontakte und gute Vernetzung im Bereich People, Promis, Society
    * Gespür für eine gute Story und Talent, exklusive Geschichten aufzureißen
    * Fähigkeit, mit Menschen ins Gespräch zu kommen und in Interviews an Informationen zu kommen, an die andere nicht gelangen – und das gegebenenfalls auch in Englisch
    * Sichere Anwendung aller journalistischen Stilmittel und Qualitätsstandards
    * Stilsichere, unterhaltsame und emotionale Schreibe
    * Aktuelles, schnelles und sehr effizientes Arbeiten sowie die Fähigkeit, auch unter dem besonderen Druck einer wöchentlichen Erscheinungsweise konstant hohe Qualität abzuliefern
    * Gewandtes und sicheres Auftreten
    * Hohes Maß an Eigenverantwortung, Kreativität und Gestaltungswillen
    * Außerordentliches Engagement, Organisationsstärke und Koordinationstalent
    * Gute Englisch- und EDV-Kenntnisse sind selbstverständlich
    * Sehr gute PC-Kenntnisse, routinierter Umgang mit den gängigen Software-Programmen, idealerweise InCopy sowie Kenntnisse des Redaktionssystems K4

    Bitte senden Sie Ihre Bewerbungsunterlagen unter Angabe des möglichen Eintrittstermins sowie Ihrer Gehaltsvorstellungen an…

  15. Brisko sagt:

    na ja, immerhin, die Fernsehzeitschriften der WAZ-Mediengruppe entwickeln sich gut, TV Sudoku legte sogar um mehr als 50 Prozent zu
    http://www.waz-mediengruppe.de/fileadmin/template/Inhalte/Downloads/PDF/Pressemitteilungen_2010/PMProgrammzeitschriften.pdf